Frank McCourt: Die Asche meiner Mutter [Angela’s Ashes]

Schon seit Jahren verfolgen mich die Augen des kleinen Jungen auf dieser Fotografie – Augen, die halb ängstlich, halb trotzig, genau an der Kamera vorbei blicken. Ich weiß nicht, ob es sich hier um ein Bild des jungen Frank McCourt selber handelt (dafür ist aber die Qualität doch zu gut), ob es ein Standfoto aus…

Johann Wolfgang Goethe: Lila

Lila ist hier nicht eine Farbe sondern der Name der Protagonistin dieses Singspiels*). Goethe schrieb es in wenigen Wochen des Jahreswechsel 1776/1777 nieder. Es wurde zu Ehren des 20. Geburtstags der Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Louise, am 30. Januar 1777 vom Weimarer Liebhabertheater uraufgeführt. Wie der Name schon sagt, agierten hier also Laienschauspieler und -schauspielerinnen; die…

Oskar Loerke: Der Oger

Als erstes möchte ich meiner Freude Ausdruck geben darüber, dass es noch immer Institutionen gibt, die dafür besorgt sind, dass auch ältere Literatur jenseits des gerade gültigen Kanon wieder aufgelegt und so neuen Generationen zugänglich gemacht wird. Und meiner Freude darüber, dass es noch immer Verlage gibt, die (auch) solche Werke auf den Markt bringen….

Juvenal: Satiren

Difficile est satiram non scribere panem et circenses mens sana in corpore sano rara avis Sed quis custodiet ipsos custodes? Probitas laudatur et alget Das sind alles Zitate aus Juvenals Satiren, die noch heute verwendet werden, oft ohne sich des Urhebers zu erinnern. Über den Autor wissen wir nicht viel mehr als über Persius. Eine…

Claude Cueni: Script Avenue

Claude Cueni wurde zuerst bekannt als Drehbuchautor für diverse Folgen von deutschen TV-Kriminal-Serien. Daneben schrieb er (zumindest das Drehbuch, vielleicht programmierte er auch selber, so genau weiß ich das nicht) frühe interaktive Computer-Spiele. Später schrieb er drei historische Romane, die sich im weitesten Sinn alle mit dem Thema ‚Geld‘ befassten, und von denen schon der…

Jonas Jonasson: Die Analphabetin, die rechnen konnte

2009 erschien in Stockholm der (nicht ganz erste) Roman des schwedischen Journalisten Jonas Jonasson, Hundraåringen som klev ut genom fönstret och försvann (2011 auf Deutsch als Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand). Bereits im Folgejahr war es das meistverkaufte Buch in Schweden und rasch eroberte es die Bestsellerlisten auf der ganzen Welt….

F. Scott Fitzgerald: The Great Gatsby

Mit The Great Gatsby hat F. Scott Fitzgerald den Roman des so genannten „Jazz Age“ geschrieben. Das „Jazz Age“ war denn auch die Epoche Fitzgeralds; der Begriff war schon vor ihm populär, hat dann aber endgültigen Einzug in die englische / US-amerikanische Sprache gehalten mit seiner Kurzgeschichten-Sammlung Tales of the Jazz Age. Das „Jazz Age“…

Marcel Proust: Die fünfundsiebzig Blätter und andere Manuskripte aus dem Nachlass [Les soixante-quinze feuilles et autres manuscrits inédits]

Was mich an den fünfundsiebzig Blättern am meisten irritiert, ist nicht deren Inhalt sondern deren Überlieferung. Genauer: die Reaktion von Literaturwissenschaft und -kritik auf die Art und Weise, wie die Blätter auf uns gekommen sind. Noch genauer: deren Nicht-Reaktion. Folgendes nämlich ist geschehen, gemäß einer Vorbemerkung ohne Titel auf Seite 7 meiner Ausgabe: 1949 betraute…

C. F. Ramuz: Sturz in die Sonne [Présence de la mort]

Seit etwa 15 Jahren kursiert der Begriff ‚Climate Fiction‘ (oder kurz ‚Cli-Fi‘) für etwas, das ursprünglich ein Untergenre der Science Fiction war (und meiner Meinung nach noch immer ist). Der Begriff hat sich rasch selbständig gemacht und ist heute weit verbreitet: Verlage und Buchhandel benutzen ihn, Schreibende und Lesende (und da wiederum sowohl Professionelle wie…