Jacques Cazotte: Der verliebte Teufel

Auch Jacques Cazotte gehört zur Zahl der Autoren (Frauen findet man keine in der Bibliothek von Babel), deren Name durch Jorge Luis Borges ein wenig weiter bekannt geblieben oder geworden ist – so, dass ihn nicht nur ein paar Eingeweihte kennen (können), sondern alle an phantastischer Literatur Interessierte. Das lohnt sich durchaus. Der Franzose aus dem 18. Jahrhundert schrieb nämlich sehr viele phantastische Geschichten und wurde damit zum Lehrmeister der Romantiker des nächsten Jahrhunderts.

Der verliebte Teufel von 1772 aber wartet dabei mit einem Plot-Twist besonderer Art auf. Nämlich:

Ein junger spanischer Edelmann, der die Geschichte in der Ich-Form erzählt, trifft in Neapel auf eine Gruppe von Negromanten, die ihn eines Nachts mitnehmen, um ihm den Teufel persönlich vorzustellen. Dem jungen Mann, furchtlos und verwegen, gelingt es, durch sein Auftreten den Teufel derart zu beeindrucken, dass er sich einverstanden erklärt, ihm zu dienen. Er tut dies in Form einer jungen Frau, die zu Beginn – um Aufsehen zu vermeiden – sich als des Granden neuer junger Page ausgibt. Der Teufel (ein männliches Wesen, wenn’s eines gibt!) in Gestalt einer Frau, die wiederum sich als Mann verkleidet: Das hatte es vor Cazotte noch nicht gegeben. Die Verkleidung der jungen Frau als Page endet zwar relativ früh in der Erzählung; die Geschichte aber geht noch weiter: Der weibliche Charakter von Biondetta, so nennt sie sich, scheint tatsächlich die Oberhand über den Teufel in ihr zu bekommen. Über weite Strecken des Romans redet und benimmt sie sich wie ein schüchternes junges Mädchen es in den schönsten Männerträumen des 18. Jahrhunderts tun sollte. Es gelingt ihr, im jungen Grande die große Liebe zu entfachen. Nun aber wird es kompliziert, denn der Teufel in der jungen Frau will den Spanier zur Sünde verführen – sprich, dazu, mit ihr zu schlafen, ohne mit ihr verheiratet zu sein. Der junge Mann aber widersteht. Er will sie – braver Katholik, der er ist (und der auch sein Autor war) – zuerst seiner Mutter vorstellen und sie dann, deren Einverständnis vorausgesetzt, ganz züchtig heiraten, bevor es „zum Letzten“ kommt. Um dieses Einverständnis einzuholen, verlässt er die Zögernde sogar und macht sich allein auf den Weg nach Spanien. Biondella holt ihn zwar noch ein und erklärt sich nun mit seinen Plänen einverstanden. Allerdings ist es plötzlich so, dass die Reise voller Hindernisse und Unfälle steckt, seit sie ihn begleitet. Schließlich gelingt es ihr sogar fast, den jungen Mann zu sich ins Bett zu kriegen. Dann aber geschieht das Seltsame: Die Frau in ihr (in ihm?) gewinnt die Oberhand über den Teufel in ihm (in ihr?) und sie (er?) erklärt sich einverstanden, dem jungen Mann ihr (sein?) richtiges Wesen zu zeigen. Der spanische Grande, der lange an ihr Märchen geglaubt hatte, sie sei eine Sylphide, erkennt, mit wem er sich da in Wahrheit liiert hat. Er fällt in Ohnmacht, und das rettet ihn. Wie er wieder aufwacht, ist Biondella weg. Er kehrt alleine zu seiner Mutter zurück, die ihn dann noch vollends aufklärt über die Gefahr für seine Seele, in der er geschwebt hat.

Der Schluss kommt eher plötzlich, ungefähr so wie der Coitus interruptus des Granden mit Biondella, und er ist auch sehr konservativ-katholisch geraten. Aber das Spiel mit den Geschlechtern, das der Teufel spielt, bis er selber Opfer seines Spiels geworden ist, hebt diesen kurzen Roman aus der Masse von Teufelsgeschichten heraus, und wir dürfen Jorge Luis Borges durchaus dankbar sein, hat er sie, und damit Jacques Cazotte, der Vergessenheit entrissen.

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