Aktuell sind auf Deutsch außer dem hier vorgestellten Essay Pourquoi je ne suis pas féministe keine weiteren Werke von Marguerite Eymery erhältlich, die sich als Autorin Rachilde nannte. Ich erlaube mir deshalb, auf die französischen Originale zurückzugreifen – mit der Nebenabsicht, dass ich damit die Hoffnung der Übersetzerin und Verlegerin Alexandra Beilharz auf ein weiteres…
Schlagwort: Transsexualität
trans = jenseits; sexus = Geschlecht
Rachilde: Nein, ich bin keine Feministin [Pourquoi je ne suis pas féministe]
Rachilde, homme de lettres, so will es das Gerücht, habe auf den Visitenkarten der jungen Schriftstellerin Marguerite Eymery gestanden. (‚Homme‘ hat hier die Bedeutung nicht eines Menschen sondern des Mannes – Frauen nannten sich üblicherweise ‚femme de lettres‘.) Das war die Zeit, als sie Männerkleider trug und auch in ihren literarischen Werken Fragen der geschlechtlichen…
Josephine Tey: Wie ein Hauch im Wind [To Love and Be Wise]
Künstlerkolonien scheinen auf Verfasser:innen von Kriminalromanen eine große Anziehungskraft auszuüben, ebenso auf schottische Autor:innen. Auf dem Gebiet des Kriminalromans kommt einem sofort Dorothy L. Sayers in den Sinn, die ihren Peter Wimsey einen Mord in einer Malerkolonie in Schottland trotz Fünf falscher Fährten aufklären ließ. Was die Schott:innen betrifft, hat schon vorher der gebürtige Schotte…
Wilhelm Hauff: Das Wirtshaus im Spessart
Hauff starb kurz nach der Veröffentlichung des dritten Mährchen⸗Almanachs unerwartet mit 25 Jahren an einer Typhus-Erkrankung. Er gehört demnach nicht in den Kreis der Frühvollendeten, die in Erwartung eines nahen Todes ihre Werke verfassen. Dennoch oder gerade deswegen verlockt sein früher Tod zu Spekulationen darüber, wie er sich weiterentwickelt haben könnte. Allerdings hat Hauff in…
Otto Weininger: Geschlecht und Charakter
An dieses Buch erinnert hat mich jener Unterhaltungskünstler, der im deutschen Fernsehen in verschiedenen Sendegefäßen einen Literaturkritiker spielt. In dieser Rolle klemmt er auch schon mal ein Buch in eine Astgabel, lässt sich das Gesicht schwarz anmalen oder kann – im ehemaligen Wohnhaus von Arno Schmidt, vor dem Schreibtisch des Autors und dessen Zettelkasten stehend…
Kim de l’Horizon: Blutbuch
Um es im Jargon der Sportjournalist:innen zu schreiben: Mit diesem Roman hat Kim de l’Horizon letztes Jahr (2022) das Double gewonnen – nämlich sowohl den Deutschen wie kurze Zeit später den Schweizer Buchpreis. Kim de l’Horizon begreift sich selber als genderfluide Person. Das bedeutet, so weit ich das verstehe, dass Kim sich manchmal als Männchen…
Stanisław Lem: Phantastik und Futurologie II
Im zweiten Band von Phantastik und Futurologie versucht sich Lem zunächst an einer Art Typologie der Science Fiction, um schließlich deren futurologische Fähigkeiten zu bestimmen – will sagen: deren Potenzial, Zukunft vorher zu sagen oder gar zu gestalten. Er kommt dabei, so viel kann ich gleich vorweg nehmen, zu einem ziemlich vernichtenden Resultat. Die Typologie…
Carolin Emcke: Gegen den Hass
Für dieses Buch erhielt Carolin Emcke 2016 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels – eine um Längen bessere Entscheidung dieses Buchhandels, als es jene von 2014 war, als er diesen Preis dem US-Amerikaner Jaron Lanier zusprach für sein Machwerk Wem gehört die Zukunft?. Emckes Buch ist bedeutend konziser und wird seinem Thema auch besser gerecht. Emcke…
Jacques Cazotte: Der verliebte Teufel
Auch Jacques Cazotte gehört zur Zahl der Autoren (Frauen findet man keine in der Bibliothek von Babel), deren Name durch Jorge Luis Borges ein wenig weiter bekannt geblieben oder geworden ist – so, dass ihn nicht nur ein paar Eingeweihte kennen (können), sondern alle an phantastischer Literatur Interessierte. Das lohnt sich durchaus. Der Franzose aus…
Linus Giese: Ich bin Linus
„Ich bin Linus.“ – Was für die meisten von uns ein völlig normaler Alltagssatz ist, den wir unter Umständen mehrmals täglich so verwenden, wenn wir uns irgendwo vorstellen (natürlich mit dem jeweils eigenen Namen), und bei dem wir uns wenig bis gar nichts denken, stellte für Linus Giese im Oktober 2017 ein richtiggehend kathartisches Ereignis…