Astounding (später Astounding Science Fiction, noch später noch andere Namen, heute: Analog Science Fiction and Fact) heißt das berühmteste und wohl auch (zumindest in seiner ganz großen Zeit) qualitativ hochwertigste ‚Raketenheft‘ der USA. Teil jener Pulp Fiction-Bewegung, die vor allem zwischen den 1930ern und den 1950ern die Staaten nachgerade überschwemmte, ragte es schon bald durch gut konstruierte Geschichten mit neuen Ideen aus dem Rest heraus. Das hat das Heft vor allem seinem langjährigen Herausgeber (von 1938 bis 1971) zu verdanken, John W. Campbell, dem es gelang, einige der späteren Größen der US-amerikanischen Science Fiction-Literatur für Beiträge zu gewinnen: Sturgeon, Heinlein, Asimov, Clarke …
Die Bezeichnung ‚Pulp Fiction‘ meint jene billig produzierten Hefte, die mit reißerischen Titelbildern (in der Darstellung weiblicher Gestalten oft hart an der Grenze zum Unanständigen – aber natürlich – wir sind ja in den prüden USA – nie darüber hinaus, eher schmuddelig als pornografisch) und reißerischen Storys um ihr Publikum buhlten. Das Zielpublikum wiederum ist völlig klar: Der junge, männliche Büroangestellte in der Provinz, in der es kaum Bars gab, sich mit Freunden zu treffen, kaum Kino, TV gab es noch gar nicht, nicht einmal irgendwelche Karrierechancen – einfach nur Langeweile. Diese Langeweile lindern sollten diese Hefte, in denen die jungen Männer auf fremde Planeten entführt wurden, wo sie wiederum als Superhelden junge ‚Damsels in Distress‘ retten durften. Oder zumindest davon lesen.
Das ergibt sich schon bei einem Blick auf den Aufbau zum Beispiel des April-Hefts von 1937 von Astounding. Zunächst einmal finden wir jede Menge Werbung vorne und hinten. Vor allem extra-scharfe Rasierklingen werden beworben – auch schon mal in kleinen Comics, in denen ein FBI-Agent einen Drogenring aushebt, zwischendurch sich aber gern einmal rasieren würde, weil er sich sonst so ungepflegt vorkommt. Das Resultat seiner Reinlichkeit ist natürlich, dass ihn so die jungen Frauen in der Geschichte anhimmeln. Oder dann gibt es jenen, der den jungen Männern eine Schulung zum Radiosprecher anbietet – Radio damals die einzige Möglichkeit, dem Mief der Provinz zu entkommen. Jedenfalls, wenn man der Werbung trauen konnte.
Inhaltlich – wir sind kurz vor der Zeit Campbells – finden wir Stories über einen Krieg um Wasser auf dem Mars, andere interplanetare Streitigkeiten; manche sogar recht lyrisch gehaltene Erzählungen fehlen aber auch nicht. Einem gewissen Bildungsanspruch wollte Astounding schon 1937 genügen; wir finden in der Abteilung Science Features (neben einer offenbar von einem Bauingenieur verfassten Abhandlung über die Lösung der statischen Probleme beim Bau einer ägyptischen Pyramide) eine astronomie-geschichtliche über die Unregelmäßigkeiten im Verhalten des Planeten Saturn, die bereits Newton vorhergesagt hatte, aber erst das 20. Jahrhundert beweisen konnte. Das war solides Wissen – etwas, mit dem man beim Feierabendbier Konversation treiben konnte, mit dem man wohl auch gegenüber seiner Liebsten gerne prahlte.
Das Cover der Ausgabe April 1937 ist ungewöhnlich brav. Eine riesige orange-weiß gehaltene Kugel soll wohl den Mars darstellen, der in einigen Erzählungen Handlungsort ist. Davor schweben auf dem dunklen Hintergrund des Sternenhimmels zwei Raumschiffe, sehr unscharf (das Cover sieht aus, wie wenn die gescannte Ausgabe einen Wasserschaden erlitten hätte). Der Darstellung ist nicht schlechter oder besser, als was man heute so als Raumschiff imaginiert sieht. (Zu finden sind die Scans solcher Hefte auf archive.org; darauf aufmerksam gemacht hat mich der Mastodon-Account @SFFMagazineCovers@zirk.us, der von Zeit zu Zeit ein Cover vorstellt – diesem Account geht es zwar einzig um die Gestaltung der Cover, aber da alle verlinkt sind, kann man sich dann auch die Scans in Gänze herunterladen.)
Wie mein anderes Lieblings-Alien zu sagen pflegte: „Faszinierend!“