Aravind Adiga: Golden Boy

Ein kricket-besessener Vater hat nur einen Traum: Seine beiden Jungen sollen bester und zweitbester Schlagmann der Welt werden. Dieser Mohan Kumar kommt aus ärmlichen Verhältnissen, zieht nach Bombay (Mumbai, beide Namen werden im Buch verwendet), wird von seiner Frau verlassen (die angeblich mit einem anderen ein Verhältnis hatte, aber wohl auch mit Mohan und dessen Gewohnheit, seine Familienmitglieder zu verprügeln, nicht ganz glücklich wurde) und konzentriert sich seither ausschließlich auf das Krickettraining seiner Söhne. Welche den Fanatismus ihres Vaters nicht wirklich teilen, seinen Puritanismus (der angeblich für den Erfolg unerlässlich ist) zu hassen beginnen.

Eigentlich soll Radha, der ältere der beiden, zum Star werden. Doch offensichtlich hat der jüngere Manju das größere Talent und läuft seinem Bruder immer öfter den Rang ab. Manju aber ist noch weniger überzeugt von seiner zukünftigen Kricketkarriere, er ist sensibler, nachdenklicher – und er ist schwul. Javed, ebenfalls angehender junger Kricketspieler, aber aus sehr wohlhabenden Verhältnissen, der den Sport schon aus dem Grund aufgibt, weil er ein selbstbestimmtes Leben führen will, weckt in Manju den Widerspruchsgeist, vor allem aber die Sehnsucht, ganz ohne Angst leben zu können. Doch der kurze Aufenthalt in Javeds Kreisen zeigt Manju, dass auch dort nicht die Freiheit zu finden ist, von der er träumt, dass auch Javed selbst keineswegs jener unabhängige junge Mann ist, der zu sein er vorgibt. Und so kehrt er zurück zum Kricket, erreicht Erfolge (ohne aber zum Superstar zu werden), und unterstützt seinen Bruder, der seine Karriere durch einen Angriff auf einen Mitspieler als auch durch eine Unfallverletzung aufgeben muss und ebenso zum Trinker wird wie der Vater.

Adiga erzählt souverän, mit viel Witz und Ironie, sodass sich dieses Buch äußerst leicht und flüssig liest. Aber so ganz glücklich wird man mit dieser Geschichte dann doch nicht, vieles wird nur oberflächlich behandelt, sowohl Homosexualität als auch die extreme Armut werden dazu benutzt, dem Buch ein sozialkritisches Flair zu verleihen, eine tiefergehende Behandlung dieser Themen erwartet man vergebens. Das Ende erscheint willkürlich als auch abrupt, man befindet sich eigentlich noch mitten in der Geschichte, als der Autor zu einem Rückblick 10 Jahre später ansetzt (und auch das Schicksal Javeds bleibt unklar). Das hinterlässt den Eindruck, als ob sich da ein Autor seines Buches habe entledigen wollen, als ob er das, was er vielleicht ursprünglich geplant hatte, als nicht realisierbar oder zu mühsam empfunden hätte. Über weite Strecken hat mich der Autor an Nick Hornby erinnert, das lockere, flüssige Erzählen, der Humor, mit dem Alltagssituationen geschildert werden, eine immer ein wenig traurig anmutende Ironie. Aber so angenehm und kurzweilig die Geschichte auch zu lesen ist, hinterlässt sie doch das Gefühl, dass eine gefällige Verpackung inhaltliche Leere kompensieren sollte. Adiga hatte mit „Der weiße Tiger“ (ein Buch, das ich nicht kenne) großen Erfolg (er erhielt den „Booker-Prize“), dieser Roman aber kann so hohen Ansprüchen nicht genügen. Unterhaltsam, aber nicht viel mehr.


Aravind Adiga: Golden Boy. München: Beck 2016.

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