Leider ist das Buch – was den Wissenschaftsstatus anbelangt – eine absolute Enttäuschung. Es gibt keine Fußnoten, keine Verweise auf die ethologische Fachliteratur, die das hier Vorgestellte hinreichend belegen würden. Und so ist das Ganze eine halblustige Anekdotensammlung über tierisches Verhalten, die sich nicht entblödet, auch gänzlich dubiose Beschreibungen heranzuziehen. So etwa das Verhalten der Gorilladame „Koko“, die immer wieder mit wundersamen Intelligenz- bzw. Sprachleistungen in Zusammenhang gebracht wurde. Hier allerdings äußert sogar der Autor seine Skepsis und meint, dass die Schilderungen eher in die Regenbogenpresse denn in ein wissenschaftliches Journal passen würden. Wie wahr – und deshalb hätte man sich diese Geschichte auch ersparen können.
Überhaupt ist die Darstellung der Primaten bzw. ihrer Sprachfähigkeit mehr als dubios. Dem Autor ist mehr an billigen Pointen gelegen denn an einer fundierten Beschreibung, er ergeht sich ständig in Anthropomorphismen und keine Anekdote ist platt genug, um nicht dennoch Aufnahme ins Buch zu finden. Diese Art der Beschreibung passt ganz wunderbar in das Verlagsprogramm von Bastei-Lübbe (oder ähnliche Verlagen), hat aber mit Wissenschaft rein gar nichts zu tun. (Der unbeholfene Spagat wird auch in der Bebilderung deutlich: Bücher dieses Formats pflegen mit farbigen Aufnahmen gespickt zu werden, die WBG hat sich aber (um den Anschein der Seriosität zu wahren?) nur zu Schwarz-Weiß-Bildern bereit gefunden: Und so muss man die Farbsprache der Chamälons in Grautönen genießen. Doppelseitig. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik.)
Wer gern lustige und kuriose Geschichtchen über das Kommunikationsverhalten von Tieren liest, ist hier gut aufgehoben. Wobei ich dem Autor keineswegs unterstellen möchte, dass man ihm bezüglich der Erklärungen über den Informationsaustausch nicht trauen könne: Ich habe keinen Grund, an seinen fachlichen Qualitäten als Biologe zu zweifeln. Mit Wissenschaft hat das alles aber sehr wenig zu tun, das ist ein auf den Effekt (und eine große Lesergemeinde) abzielendes Geschreibsel. Bekannt sei der Autor durch seine Auftritte in TV-Talkshows geworden – lese ich auf dem Schutzumschlag: Genau dort dürfte er gut aufgehoben sein. Es geht nicht um Erkenntnis oder gar um Forschungsergebnisse, sondern um das Besondere, Sensationelle. Und auch so mancher Comedian könnte sich bei dem häufig mit der Fortpflanzung verbundenen Kommunikationsverhalten bedienen. Womit das Zielpublikum umschrieben wäre.
Mario Ludwig: Gut gebrüllt! Die Sprache der Tiere. Darmstadt: WBG 2017.
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