Richard Dawkins: Forscher aus Leidenschaft

Dieses Buch gibt einen Überblick über das „literarische“ Schaffen von Richard Dawkins: Es finden sich hier Aufsätze zur Wissenschaftstheorie, Philosophiekritik, natürlich zu Evolution und Darwinismus, Gesellschaftskritisches (wobei Dawkins nicht müde wird, die Religion – zu Recht – als eines der verderblichsten Systeme der Menschheit anzuprangern), aber auch Satirisches (von der Qualität der an P. G. Wodehouse angelehnten Geschichten war ich mehr als positiv überrascht, so etwas pflegt ja zumeist schief zu gehen) oder Nachrufe auf geliebte und geschätzte Menschen (u. a. auf Christopher Hitchens).

Die Zusammenstellung der Beiträge ist gelungen und garantiert bis zur letzten Seite ungetrübten Lesegenuss. Ich finde es – wie hier schon mehrfach betont – bedauerlich, dass Dawkins den allermeisten nur durch seinen „Gotteswahn“ bekannt ist, dass seine Verdienste als Aufklärer, vor allem aber als Evolutionsbiologe hinter der Religionskritik verschwinden. Natürlich, Dawkins tut auch einiges dafür, dass man seinen Namen in diesem Zusammenhang kennt, andererseits sind Bücher wie „Der erweiterte Phänotyp“ (das hier demnächst besprochen werden soll) auch nicht geeignet, eine größere Lesergemeinschaft außerhalb der an der Biologie Interessierten anzusprechen. Wobei ich nicht glaube, dass es Dawkins bei seinen religionskritischen Büchern um Popularität, um die Einnahmen geht: Gegen die Dummheit der Welt anzukämpfen ist ihm ein wirkliches Anliegen – und es ist dies eine nicht immer angenehme Aufgabe. Ich jedenfalls könnte auf die zahlreichen Streitgespräche mit Theologen unterschiedlichster Couleur gerne verzichten, derlei ist ein äußerst mühsames Unterfangen und ob der dogmatischen Einfalt der Gegenüber zumeist sehr frustrierend. Nichtsdestoweniger bedarf es aber prominenter Vertreter der Wissenschaft, die diesen Kampf führen – und insofern ist Dawkins für dieses sein Bemühen zu danken.

Erwähnenswert in diesem Buch sind seine Auseinandersetzung mit Platon (bei der er sich an Ernst Mayr orientiert), dessen Ideenlehre ein nicht unbeträchtlicher Hemmschuh für die Entwicklung einer realistischen Naturphilosophie dargestellt hat (Platons negativer Einfluss auf die Philosophie ist auch heute noch spürbar, jedweder Dualismus, Idealismus versucht mit der Autorität seines Namens den entsprechenden „Erkenntnissen“ einen gediegenen Anstrich zu verleihen, obschon die gesamte Ideenlehre überholt und obsolet ist und in einem rezenten, relevanten Weltbild rein gar nichts verloren hat). Das Statische und Ideale im Denken Platons ist für das prozessuale, auf Veränderung bedachte Denken (des Darwinismus) Gift und hat im Verein mit dem Christentum eine an der Wirklichkeit sich orientierende Naturforschung lange verhindert. Ebenso amüsant sind Dawkins Auslassungen über theologische (und philosophische) Terminologie, über die seltsamen Wortwolken, hinter denen sich Obskurantismus und Unwissenheit verbergen. Und ich schätze seine klare Haltung zu Tierrechten, zum Tierschutz und die Humanität, die hinter solchen Ansichten steckt: Werden doch gerade Atheisten häufig einer defizitären Moral geziehen – und das von Menschen, in derem „heiligen“ Buch Mord, Totschlag und Vergewaltigung gepriesen wird (man wird kaum Vereinigungen finden, deren Moral verächtlicher ist als jene der großen monotheistischen Religionen, in denen Gewalt verherrlicht, abweichende Meinungen unterdrückt werden (nicht selten wird der Tod eines solchen Abweichlers gefordert), die Gleichberechtigung der Frau noch nicht einmal diskutiert wird).

Es sind dies wunderbare 500 Seiten kluger Unterhaltung, oft humorvoll und witzig, aber auch nachdenklich und von einem tiefen Humanismus getragen. Lesens- und empfehlenswert!


Richard Dawkins: Forscher aus Leidenschaft. Gedanken eines Vernunftmenschen. Frankfurt a. M.: Fischer 2011.

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