Beschrieben wird die Geschichte einer aus Dahomey stammenden Familie, die durch die französische Kolonialherrschaft von dort vertrieben wurde und deren (männliche) Nachfahren sich als Erben des Königs betrachten. Alle diese Männer sind Träumer, verhinderte Künstler, weitgehend lebensunfähig und weitgehend von ihren Frauen abhängig: Ob Mutter oder Ehefrau, irgendjemand trägt Sorge für das Auskommen. Das Problem des Buchs wird schon nach wenigen Seiten fühlbar: Alle diese Figuren gleichen einander, Djere, sein Sohn Justin und der Enkel Spero könnten ein und dieselbe Person sein, alle teilen sie eine veritable Lebensuntüchtigkeit, träumen mehr oder weniger vom Königtum in Afrika (Djere hat über diese Herkunft und die mythologische Abstammung seiner Ahnen zahlreiche Hefte vollgeschrieben, die Debbie, die Frau Speros, später vergeblich zu veröffentlichen versucht), sie sind sexuell äußerst aktiv und hadern mit ihrem Schicksal.
Vielleicht sind Marquez‘ Hundert Jahre Einsamkeit bei dieser Geschichte Pate gestanden: Aber derart generationenübergreifend zu erzählen kann man nur, wenn man auch etwas zu erzählen hat und die literarischen Fähigkeiten besitzt, ein solches ausgreifendes Panorama zu entwerfen. Hier ist davon nur sehr wenig zu spüren, es liest sich wie eine Aneinanderreihung von Anekdoten, ohne aus dem allen ein großes Ganzes machen zu können. Dass nicht in chronolgischer Weise erzählt wird, wäre im Grunde natürlich kein Problem: Doch die Zeitsprünge in diesem Buch machen noch sehr viel stärker spürbar, wie wenig sich die einzelnen Personen voneinander unterscheiden, dazu kommt ein offenbar in solchen Büchern unvermeidlicher mythologischer Ballast, der – soll das Buch nicht nicht in billigen Symbolismus abgleiten – sehr vorsichtig verwendet werden muss. Und alle diese Dinge wirken hier mehr-weniger misslungen, ich hatte das Gefühl, Lesearbeit zu verrichten, nicht zu meinem Vergnügen zu lesen. Und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass sich hinter dieser verfehlten Konstruktion ein großes Talent verbergen würde (wie etwa bei Tokarczuk), das ist recht bieder und wenig anregend erzählt. Ob ich „Segu“ (ebenfalls eine Familiensaga) noch lesen werde steht in den Sternen: Möglicherweise wird das Buch auf meine Erben warten müssen.
Maryse Condé: Requiem für einen schwarzen König. München: Knaur 1994.