Mary Hunter Austin: Wo wenig Regen fällt

Eine auf die linke Seite gekippte Postkarte, ca. 1909, nachträglich koloriert: "Yucca Trees, Mojave Desert, Calif." (Yucca Bäume, Mojave Wüste, Kalifornien). - Ausschnitt aus dem Buchcover.

The Land of Little Rain (so der Originaltitel des Buchs) erschien 1903 und machte die Autorin, die nach einer gescheiterten Ehe an verschiedenen Orten der USA als Lehrerin gearbeitet und zwei oder drei Kurzgeschichten ohne großen Erfolg veröffentlicht hatte, plötzlich bekannt. Sie kam in Kontakt mit der Bohème der US-amerikanischen Literatur (Jack London, Ambrose Bierce, Bret Harte – dem sie im vorliegenden Buch einen Essay widmet) und bei ihrer späteren Europa-Reise auch mit führenden englischen Autoren (G. B. Shaw, H. G. Wells, W. B. Yeats). Nach ihrem Tod 1934 verschwand sie allerdings rasch aus dem Bewusstsein der literarischen Öffentlichkeit; erst seit ein paar Jahren scheint man sie wieder zu entdecken – diesmal auch im deutschen Sprachraum, wie es aussieht.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Zumindest dieses Buch hier hat seinen Ruhm verdient. Es handelt sich um eine Sammlung von 14 Essay-artigen Sketchen, die verschiedene Aspekte des Lebens in und am Rand der Mojave-Wüste in Kalifornien behandeln. Das Leben der indigenen Bevölkerung wird ebenso dargestellt wie das der weißen Goldsucher, der Kojoten oder der Weintrauben. Sie alle gehören zusammen; Hunter Austin kann nicht von der alte Sagen erzählenden indigenen Korbflechterin berichten, ohne kurz auf ihre Sagen einzugehen – aber auch auf die Art und Weise, wie die alte Frau ihren Lebensunterhalt im Rand der Wüste verdient. Alles hängt bei Hunter Austin mit allem zusammen – ohne dass die Autorin eine Sekunde lang ins Sentimentale oder Metaphysisch-Esoterische abschweift. Sie liefert so ein frühes Zeugnis des ökologischen Denkens, wie es sich eigentlich erst im 21. Jahrhunderts entwickelte, ebenso wie des feministischen Gedankenguts heutiger Zeit. Beides ohne jeden moralischen Zeigefinger.

Nehmen wir dazu noch eine wunderschöne Sprache, die jeden Essay zum Genuss macht, so haben wir ein Büchlein von etwas über 200 Seiten, das allen, die Naturbeschreibungen und / oder eine schöne Sprache und schnörkelloses Erzählen lieben, nur empfohlen werden kann.

Und mehr als diese wirklich dicke Empfehlung will ich zu diesem Buch auch nicht mehr schreiben. Lest selber.


Gelesen habe ich die Lizenzausgabe der Büchergilde (für ihre Reihe BÜCHERGILDE unterwegs) der von Alexander Pechmann übersetzten und 2023 bei Jung und Jung herausgegebenen Version, die Wikipedia offenbar noch nicht kennt.

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