Da ist er nun – der Autor, um dessentwillen ich mir damals diese seltsame Anthologie Meisterwerke deutscher Klassiker antiquarisch besorgt hatte: Hans Sachs. Denn, da es, wenn ich das richtig sehe, aktuell nichts von ihm im Buchhandel gibt, musste ich aufs Antiquariat ausweichen – wo es auch wenig bis nichts gibt. Deshalb diese Anthologie.
Hans Sachs war für die Aufklärer und die Autor:innen der Goethe-Zeit ein wichtiger Mann, auf den man sich immer wieder bezogen hat. Es gab denn damals auch immer wieder Pläne, eine Werkausgabe von ihm zu veröffentlichen – Pläne, die sich allesamt zerschlugen. Dass er überhaupt für eine Werkausgabe in Betracht gezogen wurde, ist für einen Autor, der einerseits – als Meistersinger – auf eine mittelalterliche Poetik zurückgreift, und andererseits als Advokat der Reformation eine sehr spezielle Form des humanistischen Denkens vertritt, doch einigermaßen seltsam. (Und wenn Richard Wagner in seiner gleichnamigen Oper auf die Meistersinger zurückgreift, so ist es weniger wegen deren Poetik und mehr wegen der Thematik des sich durchsetzen müssenden Künstlers.)
Deshalb also diese Notlösung. Diese Wahl entpuppte sich – um ehrlich zu sein – als Fehler. Denn wenn in der vorliegenden Anthologie die beiden Beiträge von Gustav Schwab (seine Zusammenfassung des Volksbuchs vom Herzog Ernst und seine Zusammenfassung des Volksbuchs vom Doktor Faust) zwar literarisch wertlos waren, so waren sie immerhin für die Literaturgeschichte interessant. Und der Auszug aus den Sinngedichten des Barockdichters Logau ist sogar für heutige Lesende nach wie vor brauchbar.
Die Auswahl aus Hans Sachs’ Werken aber … Zum einen krankt sie am selben Übel wie alle anderen Texte dieser Anthologie: Wir wissen nicht, wer diese Texte warum und wie in genau der vorliegenden Form ausgelesen hat. Was bei Schwab und Logau noch gerade so anging, ist bei Sachs ein Desaster.
Bei den im Titel versprochenen Fasnachtspielen [sic!] handelt es allesamt um Parabeln mit einer ‚Moral von der Geschicht‘, die überhaupt nicht komisch ist, sondern einfach nur – langweilig. Der Humor, so weit aufzufinden, ist noch dem Mittelalter verpflichtet, wo es als lustig galt, wenn man sich über körperliche Missbildungen der Mitmenschen lustig machte, oder darüber, dass sie verhauen wurden bzw. sich auch einmal gegenseitig verhauten. Bei den Liedern und Spruchgedichten schließlich handelt es sich um weitere, versifizierte Fabeln und Parabeln mit moralischer Schlussanwendung. Alles todernst und in streng protestantischem Geist.
Ich vermute, das war nicht der ‚eigentliche‘ Hans Sachs in dieser Auswahl. (Zumindest hat mir damals der Hans-Sachs-Brunnen in Nürnberg einen anderen Sachs gezeigt.) Vielleicht werde ich eines Tages nochmals auf ihn, den Schuhmachermeister aus Nürnberg, zurückkommen. Im Moment sehe ich keine Notwendigkeit.