Pausanias: Reisen in Griechenland. Delphoi

Vor dem Hintergrund einer hügligen und leicht bewaldeten grünen Landschaft steht ein kleines weißes Gebäude mit ungefähr quadrastischem Grundriss. Wir sehen ein paar Säulen, eine Vorhalle, eine Seitenmauer und das Dachfries. Es handelt sich um eine Fotografie des Schatzhauses der Athener an der Orakelstätte Delphi, die als Coverbild verwendet wurde, und von dem ich wiederum hier einen Ausschnitt wiedergebe.

„Et in Arcadia ego!“, mag sich Pausanias gesagt haben beim Schreiben von Buch VIII seiner Reisen in Griechenland. Band 3 der deutschen Gesamtübersetzung von Pausanias’ Reiseführer enthält die Bücher VIII, IX und X des Originals – das sind die Landschaften Arkadien, Boiotien und Phokis. Wobei – zumindest für uns Heutige – Pausanias’ Beschreibung von Arkadien gar nicht allzu beeindruckend wirkt, bzw. man nicht den Eindruck erhält, der Autor wäre sich des Ruhms dieser Landschaft bewusst gewesen. Tatsächlich begann sich dieser seltsame Ruhm Arkadiens zwar schon in der Zeit des Hellenismus zu bilden, aber das Bukolisch-Ländliche, das Paradies auf Erden, das wir heute damit verbinden, ist eine ‚Erfindung‘ vor allem der Renaissance. Für Pausanias war Arkadien vorwiegend noch eine der vielen griechischen Landschaften.

Böotien ist dann vor allem die Landschaft Thebens. Diese Stadt war nicht nur nach dem Peleponnesischen Krieg für eine kurze Zeit die führende Macht in Griechenland geworden. Theben, Homers Stadt der sieben Tore, spielt, anders als zum Beispiel Athen, auch in der antiken Mythologie eine große Rolle, weshalb denn auch Pausanias neben den kriegerischen Ereignissen rund um die Stadt auch den Sagen um Herakles, Niobe oder Ödipus viel Raum lässt – auch weil sie natürlich die ganze Gegend in Bezug auf die erhaltenen Sehenswürdigkeiten wie Tempel und Stelen entscheidend prägten.

Phokis schließlich ist dann vor allem Delphoi. Delphi, wie wir heute meistens schreiben, war die berühmteste Orakelstätte der Antike. Entsprechend standen dort auch reich ausgestattete Tempel und Schatzhäuser aller großen griechischen Städte. Auch die römischen Kaiser interessierten sich sehr für diese Gegend. Pausanias referiert in ein paar Sätzen, wie zum Beispiel Augustus ein paar Säulen nach Rom transportieren ließ, die von einem Nachfolger wieder zurück gebracht wurden, nur damit Nero sie wieder holen konnte. Pausanias schildert das ganz trocken, und es wird nicht klar, wie weit er damit die seltsame Regierungspolitik der Römer kritisiert und wie weit er dieses Verhalten für völlig normal hält.

Es gibt im X. Buch ein paar Sätze, die sich so verstehen lassen, als würde auf ein XI. Buch hingewiesen. Von diesem weiteren Buch fehlen aber ansonsten Zeugnisse. Da wir aber nicht genau wissen, wann und wo Pausanias verstorben ist, können wir auch nicht sagen, ob er eventuell mitten in der Arbeit an einem weiteren Buch unterbrochen wurde.

Jedenfalls sind seine Reiseberichte reich an auch heute noch wertvollen und interessanten Beschreibungen antiker Landschaften. Die deutsche Ausgabe wird in Band 3 abgerundet durch ein Verzeichnis griechischer Fachausdrücke, ein Künstlerverzeichnis, ein Literaturverzeichnis, ein topographisches Register, ein Verzeichnis der Wettkampfsieger (nämlich der olympischen Spiele), Karten zu den in Band 3 vorgestellten Landschaften, sowie einem Nachwort von P. C. Bol, der die Abschlussarbeiten an diesem Band übernahm, nachdem der ursprüngliche Herausgeber, Felix Eckstein, über der Arbeit verstorben war.

Alles in allem also sehr interessant, wenn auch nicht für Leute gedacht, die ‚Action‘ in ihren Büchern wünschen.


Pausanias: Reisen in Griechenland. Gesamtausgabe (= Die Bibliothek der Alten Welt. Griechische Reihe). 3 Bände. Auf Grund der kommentierten Übersetzung von Ernst Meyer hrsg. von Felix Eckstein und Peter C. Bol. 3. Auflage, Artemis & Winkler, Zürich / München 1986-1989. [Meine Ausgabe ist dem Patmos-Verlag zugeordnet, mit © 2001.]

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