(Planänderung: Eigentlich war die Idee, dass ich jeden Abend vom vergangenen Tag berichten wollte. Es hat sich herausgestellt, dass das W-LAN im Hotelzimmer nicht sauber funktioniert, und ich fürs Schreiben in den ziemliche lauten Gemeinsschaftssaal ausweichen müsste. So habe ich beschlossen, das einzige W-LAN auszunützen, das einwandfrei funktioniert: das des Pressezentrums der Frankfurter Buchmesse.)
Gestern also nach einer kleinen Odyssee um ca. 10.00 Uhr an der Buchmesse eingetroffen. Die Odyssee war der Tatsache geschuldet, dass in Oberursel, wo ich abgestiegen bin, die DB offenbar der Meinung ist, dass jedermann zu wissen hat, welche Züge wohin fahren. Der Fremde ist selber schuld, wenn er, wie ich, statt der S-Bahn einen Regionalzug erwischt, der unter Auslassung der Haltestelle „Messe“ direkt zum Hauptbahnhof fährt. Nun, jedenfalls habe ich auch den mal wiedergesehen; ich kannte und kenne ihn also nach wie vor nur als Umsteigebahnhof.
10.00 Uhr war allerdings auch immer noch viel zu früh, wie sich herausstellte. Da waren höchstens mal die Boxen der Literaturagenten besetzt und frequentiert, in denen angehende Autoren interviewt wurden. In solchen Boxen hatten schon vor 50 Jahren die amerikanischen Universitäten bei den Versammlungen (z.B.) der Philologen-Gesellschaft ‚Assistant Professors-to-be‘ interviewt.
Dafür hatte ich Zeit, die etwas komplizierte Geografie des Messegeländes kennen zu lernen. Die am Dienstag versprochenen Indie-Verlage und -Autoren habe ich nicht gefunden, obwohl sie in Halle 5 ausgeschildert gewesen wären. War wohl mein Fehler, ich werde es heute nochmals versuchen. Dafür fand ich die Büchergilde Gutenberg, wo mir eine junge Dame enthusiastisch und aufrichtig versicherte, dass der Büchergilde eine gute und sichere Zukunft bevorstehe, die Refinanzierung ein Erfolg gewesen sei. (Ich habe ihr dann durch die Blume zu verstehen gegeben, dass man in diesem Fall doch die merkwürdige Nachricht auf der Schweizer Homepage – die Seite sei im Umbau würde aber demnächst aufgeschaltet, ein „demnächst“, das nun so seine zwei oder drei Jahre in Anspruch nimmt – doch mal weglassen könne. Der Wallstein-Verlag hat mir die gute Auskunft gegeben, dass die drei Werkausgaben, die ich abonniert habe (Merck, Brockes, Beneke) weitergeführt würden. Schlecht an der Auskunft war allerdings, dass als Termin „(frühestens) Herbst 2015“ angegeben werden konnte. Immerhin war die Dame von Wallstein daran interessiert, warum ich ausgerechnet an diesen Reihen aus ihrem Verlag interessiert sei. So stelle ich mir echtes Engagement vor! Zuletzt dann die Wissenschaftliche Buchgesellschaft mit ihren Imprints (ich wusste gar nicht, dass es deren mittlerweile so viele sind). Da schaute gar ein kleines Büchlein als Dankeschön für meine Mitgliedschaft und meinen Besuch heraus. Ich werde es später einmal in diesem Blog besprechen.
Das Kulinarische ist an so einer Messe eher vernachlässigbar. Offenbar legen Verleger, Buchhändler, Autoren und Leser keinen Wert auf anständige Mahlzeiten. Mehr als Self-Service mit Fertiggerichten aus der Tüte habe ich nicht gefunden. „Beck’s“ Bier ist auch nicht mein Favorit… Allerdings befindet sich im Hof ein Stand, in dem „Bio-Bratwürste mit Kraut“ angeboten werden – und die sind (im Gegensatz zu den Frankfurter Würstchen der Standard-Imbiss-Bude) wirklich gut. (Abgesehen davon durfte ich bis jetzt abends in einem Restaurant nahe meines Hotels exzellente Cordons Bleus, begleitet von einem feinen, hausgemachten Apfelwein, geniessen. Mein kulinarisches Ich wird also unterm Strich nicht vernachlässigt.
Literarisch habe ich recht wenig direkt verfolgt – abgesehen von ein paar Folgen des Blauen Sofas, einer ZDF-Fernseh-Sendung. Die meisten Sendungen waren erbärmlich arm an Publikum – ausgenommen (von denen, die ich mitgekriegt habe) die mit Ken Follett. Auch Stefan Bachmann wurde interviewt. Allerdings machte Marita Hübinger dabei eine eher schlechte Figur. Das Interview dauerte knapp über 20 Minuten (vorgesehen sind jeweils deren 30), und zum Schluss gestand sie, dass Die Seltsamen / Die Wedernoch ihre erste Fantasy-Lektüre gewesen sei. Kein Wunder, wusste sie nicht, welche Fragen zu stellen gewesen wären. (Hier hätte ich gewünscht, dass man einen externen Spezialisten, zum Beispiel Frank Duwald, hinzu gezogen hätte.) Selbst so hätte ich mehr präzise Fragen gewünscht: Wie kommt einer, der Musik studiert, dazu, einen Fantasy-Roman zu schreiben? Wie kommt einer dazu, das mit 16 zu tun? Wie kommt einer dazu, mit 18 einen literarischen Agenten in den USA zu suchen? Wie sehr haben Agent und Verlagslektorat noch in den Text eingegriffen? Usw., usw., … Statt dessen wurde die Ähnlichkeit mit Dickens wieder aufgewärmt. Offenbar haben Kritiker von Dickens halt auch nicht viel mehr als die ungefähre Handlung eines Oliver Twist in Erinnerung – und konstruieren von da gewagte Brücken zum Werk eines 16-jährigen Literatur-Neulings. Bachmann wirkt im übrigen auch heute und life noch wie ein 13-jähriger Junge. Armer Kerl. Mal schauen, er liest heute noch, wahrscheinlich gehe ich ihn hören.
So, langsam füllt sich das Pressezentrum und wird laut. Ich werde dann mal die „Indies“ suchen gehen.
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