Das Buch macht sich vor allem um die Darstellung zahlreicher Quellen verdient (allerdings wäre hier mehr Ausführlichkeit zu begrüßen gewesen). Pierre Belon war etwa einer jener „Modernen“, der schon im 16. Jahrhundert auf die frappierende Ähnlichkeit in der Skelett-Anatomie bei Mensch und Vogel hinwies. Interessant auch der Wandel bei Carl von Linné: Er, der seine binominale Nomenklatur mit seinem Gottesglauben in Einklang bringen wollte, war im Alter doch Manns genug, um die Konstanz der Arten (aufgrund empirischer Belege) anzuzweifeln (und damit verbunden auch Zweifel am Schöpfungsgedanken zu hegen). Stillschweigend hat er manche Sätze in späteren Auflagen gestrichen (etwa den Zusatz bei der Artdefinition, „daß wir jetzt nicht mehr Arten finden, als von Anfang an gewesen sind“. Und selbst das „Unendliche Wesen“ musste einem „Prinzip“ weichen, auch wenn dieses immer noch die Arten geschaffen hatte.)
Neben diesen historischen Texten gibt es zahlreiche Abbildungen aus diesen naturwissenschaftlichen Untersuchungen, so auch vom Homo diluvii testis (der die Sintflut belegende Mensch) von J. J. Scheuchzer, der sich später als Riesensalamander herausgestellt hat und zu Ehren seines Entdeckers Salamandra Andrias scheuchzeri getauft wurde (und der Karel Capek zu seinem „Krieg mit den Molchen“ inspiriert hat). – Die eigentlich Absicht des Buches dürfte darin bestanden haben, Biologielehrern einen wissenschaftsgeschichtlichen Überblick zu vermitteln, so gesehen ist auch die relative Kürze nachvollziehbar. (Ob das Buch tatsächlich jemals – auch nur in Auszügen – im Unterricht verwendet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.) Aber ein insgesamt sehr anregendes und in seiner Idee begrüßenswertes Buch.
Rainer Stripf: Evolution – Geschichte einer Idee. Von der Antike bis Haeckel. Stuttgart: Metzler 1989.