Briefe von und an Hegel 1823-1831

Herausgegeben von Johannes Hoffmeister. Hamburg: Felix Meiner, 1. Auflage 1954; 3., durchgesehene Auflage 1969. (= Philosophische Bibliothek 237) Das Buch stammt aus einer Zeit, als man seine Klassiker in Leinen mit Fadenheftung und farbigem Oberschnitt gebunden hat, als aber ein Lesebändchen noch nicht als nec plus ultra der Buchausstattung galt. Dafür wurden die Bücher für die Auslieferung noch in Spezialpapier verpackt und nicht in Plastik eingeschweisst.


Wer sich erhofft, aus Hegels Briefwechsel Informationen zu Genese seiner Philosophie zu ziehen, wird auch im dritten und letzten Brief-Band enttäuscht. (Es folgt jetzt nur noch Band IV als Kommentar- und Materialienband.)

1823: Hegel ist nun fest in Berlin eingerichtet. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Nicht mehr Hegel schreibt an Freunde und Bekannte, weil er eine Anstellung an einer Universität sucht – jetzt wird er angeschrieben. Vor allem aus seinen ehemaligen Wirkungsstätten, dem Königreich Bayern und der Universität Heidelberg, erreichen ihn solche Anfragen. Viele wünschen sich, im relativ liberalen Preussen unterrichten zu dürfen, sei es nun direkt in Berlin, oder in Bonn. Hegel tut, was er kann – wenn ich recht gezählt habe, hat er sich in den knapp 8 Jahren, die Band III noch umfasst bis zu seinem Tod, ein einziges Mal wirklich geweigert.

Auch seine Philosophie erklärt Hegel nur ein einziges Mal, als ihn eine Frage eines Laien trifft, eines Unternehmers, der in seiner Freizeit Hegels Bücher liest und – natürlich – nur wenig verstanden hat. Hegel versucht, dessen Problem zu lösen; mir wären nach Hegels Antwort nur weitere Fragen aufgetaucht, aber der Unternehmer schien es zufrieden. Wie das überhaupt zum immer mehr dominierenden Thema wird: Hegels Philosophie galt schon zu seinen Lebzeiten als unverständlich und / oder wurde als Humbug abgetan. Hegel hat bereits so etwas wie eine Schule um sich geschart. Erste Schüler (z.B. Eduard Gans) unterrichten nun ihrerseits an Universitäten, und man tauscht sich fleissig aus über die Dummheit und die Intrigen, die die Nicht-Hegelianer zu Tage legen. Natürlich versucht man sich in Gegen-Intrigen.

Der vielleicht bekannteste Suppleant, der nicht aus Hegels eigener Küche stammt, ist der Sohn des einst bewunderten, später bekämpften und noch später Lehrstuhl-technisch beerbten Fichte, Immanuel Hermann, der ja seinerseits eine akademisch-philosophische Laufbahn antrat.

Daneben zwei grössere Reisen. 1824 über Prag (das er OK fand) nach Wien (das ihn hell begeisterte), 1827 nach Paris, wo er Victor Cousin besuchte. Die französische Hauptstadt gefiel ihm bedeutend weniger als die österreichische; am besten gelaunt schreibt er aus Weimar, das er auf dem Rückweg besuchte, bzw., wo er Goethe besuchte. Der alte Herr hatte an diesem Abend zugleich Besucht des Grossherzogs Karl August, und so sass Hegel, wie er zufrieden an seine Frau schreibt, zur Rechten jenes Mannes, an den er noch vor Jahren ein devotes Kündigungsschreiben aus Jena gerichtet hatte. Ebenfalls anwesend war Zelter, den Hegel auf eigene Rechnung bereits in Berlin kennen gelernt hatte. Ansonsten ist aber auch sein Verhältnis zu Goethe wieder lockerer geworden; Hegel schreibt ihm ein oder zwei Mal zum Thema Farbenlehre, aber Goethe, in seiner Schmetterlings-Art, hatte das Thema längst wieder liegen lassen und weiss dem Berliner nicht so recht Antwort zu geben.

À propos ‚bekämpfter Fichte‘: Auch auf den ehemaligen Freund und nunmehr ebenfalls philosophisch bekämpften Schelling trifft Hegel noch einmal persönlich. Beide sind zufällig zur selben Zeit in Karlsbad. Hegel schreibt nach Hause, er sei mit Schelling wieder in das alte kordate Verhältnis eingetreten. Schelling, wie der Herausgeber Hoffmeister in den Anmerkungen festhält, meldet das Treffen mit weniger enthusiastischen Worten. Es scheint, als hätten die beiden ein Glas oder auch zwei miteinander getrunken, dabei aber jede philosophische Auseinandersetzung vermieden.

Alles in allem hat mir Hegels Briefwechsel keinerlei philosophischen Erhellungen zu seinem Werk gebracht. Ich habe aber, was bei einem Briefwechsel vielleicht auch nahe liegender ist, den Menschen Hegel etwas kennen gelernt. Ein Blick in Band IV wird sicher noch folgen.

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