Wolfgang Martynkewicz: Das Café der trunkenen Philosophen

Bei Wolfgang Martynkewicz handelt es sich um einen äußerst fruchtbaren Autor von Sachbüchern und Biografien im … sagen wir mal: geistesgeschichtlichen Bereich. Drei Rowohlt-Monographien (Gott hab’ sie selig) stammen von ihm, je eine zu Arno Schmidt, zu Jane Austen und zu Edgar Allan Poe. Der Gedanke, dass der Baden-Badener Sanatoriumsleiter Georg Groddek mit seinen Vorträgen…

Allan Janik / Stephen Toulmin: Wittgensteins Wien

Wittgenstein’s Vienna erschien 1973 zum ersten Mal bei Simon & Schuster in New York. 1984 erschien im Carl Hanser Verlag dann die deutsche Version (Übersetzer und Bearbeiter: Reinhard Merkel). Nicht nur Merkel sondern auch die beiden Autoren haben für die deutsche Version Änderungen durchgeführt. Sie sind nicht substantiell, will sagen: betreffen in keiner Weise den…

John Buchan: The Thirty-Nine Steps [Die neununddreißig Stufen]

James Bond, bevor da ein James Bond existierte. Er heißt denn auch nicht James Bond sondern Richard Hannay. Auch kämpft er nicht im Kalten Krieg gegen die „Commies“ sondern am Vorabend (und während) des Ersten Weltkriegs gegen die Deutschen. Schließlich ist er – zumindest in diesem Roman hier, am Anfang seiner fünf Romane umfassenden Karriere…

Tacitus Redivivus: Die große Trommel

Tacitus Redivivus war eines der Pseudonyme des deutschen Schriftstellers und Journalisten Max Hochdorf. Warum er ausgerechnet Tacitus als Vorbild wählte, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Vielleicht war es, weil er ebenfalls, wie Tacitus, an Hand der Geschichte auch die Gegenwart erklären wollte. Untersuchungen zur Wahl seiner Pseudonyme habe ich keine gefunden. Seine, Hochdorfs,…

Theodor Herzl: Altneuland

Dr. Friedrich Löwenberg saß in tiefer Melancholie an dem runden Marmortisch seines Kaffeehauses. Mit diesem Satz beginnt der vorliegende Roman. Früher, erfahren wir im Folgenden, saßen sie zu Dritt an diesem Tisch, doch seine beiden Freunde sind tot – der eine durch Selbstmord, der andere wanderte nach Brasilien aus, wo er von einem Flussfieber erwischt…

Karen Gershon: Das Unterkind [The Lesser Child]

Käthe Löwenthal kam 1923 als jüngstes Kind des Bielefelder Architekten Paul Löwenthal und dessen Frau Selma zur Welt. Sie hatte zwei ältere Schwestern, Lise (*1922) und Anne (*1921). Diese waren also nur wenig älter, was offenbar dazu führte, dass sich Käthe immer in einer Art Wettbewerb mit den beiden sah – einem Wettbewerb, den sie…

Augustinus: Vom Gottesstaat (De civitate Dei). Buch 11-22

Eigentlich hatte Augustinus für seinen Gottesstaat eine recht rigide Struktur vorgesehen. Eigentlich … In Tat und Wahrheit trat ihm dann – vor allem im zweiten Teil, in dem es um den eigentlichen „Gottesstaat“ geht, im Gegensatz zum weltlichen Staat – seine Weitschweifigkeit in den Weg. Ich weiß nicht, ob es Altersgeschwätzigkeit war, wie der Herausgeber…

Marcel Proust: Die fünfundsiebzig Blätter und andere Manuskripte aus dem Nachlass [Les soixante-quinze feuilles et autres manuscrits inédits]

Was mich an den fünfundsiebzig Blättern am meisten irritiert, ist nicht deren Inhalt sondern deren Überlieferung. Genauer: die Reaktion von Literaturwissenschaft und -kritik auf die Art und Weise, wie die Blätter auf uns gekommen sind. Noch genauer: deren Nicht-Reaktion. Folgendes nämlich ist geschehen, gemäß einer Vorbemerkung ohne Titel auf Seite 7 meiner Ausgabe: 1949 betraute…

Augustinus: Vom Gottesstaat (De civitate Dei). Buch 1-10

Im Jahre 410 u.Z. drangen die Westgoten auf ihren Wanderungen bzw. Beutezügen bis zur Stadt Rom vor, die sie sogar eroberten und plünderten. Das stellte zwar noch nicht ganz das Ende des Weströmischen Reichs dar, hätte aber eine riesige Alarmglocke zum Läuten bringen sollen. Anstatt sich aber zusammen zu reißen und sich neu zu organisieren,…

Erich Mühsam: Das seid Ihr Hunde wert!

„Träumer“ nannte Volker Weidermann in seinem gleichnamigen Buch (das wir hier vorgestellt haben) jene Handvoll Männer, allesamt Künstler und Anarchisten, die sich im Frühling 1919 an die Spitze des Freistaats Bayern stellten. „Träumer“, weil keiner von ihnen vorher irgendein politisches Amt inne gehabt hatte. „Träumer“, weil sie in Bayern das anarchistische Ideal einer Räterepublik verwirklichen…