Wilhelm Raabe: Der Lar. Eine Oster-, Pfingst-, Weihnachts- und Neujahrsgeschichte

Bereits in Titel und Untertitel des vorliegenden kurzen Romans deutet uns sein Verfasser Wilhelm Raabe an, worum es darin geht. (Wir haben die Wichtigkeit des Untertitels schon beim Roman aus dem Säkulum gesehen. Hier ist es dasselbe.) Wenn wir noch Das Vorwort hinzunehmen, so erfahren wir schon vor der eigentlichen Geschichte, worum es im Roman…

Monika Jagdfeld: Wände dünn wie Haut

Ausstellungskataloge haben wir hier noch nie vorgestellt. Am nächsten daran waren wir bei der Vorstellung der Briefe, die Rilke schrieb anlässlich der Cézanne-Retrospektive in Paris, – Briefe, die wir zusammen mit den Herausgebern als eine Art nachträglichen Katalog der Ausstellung betrachteten, wobei wir tatsächlich auch auf den offiziellen Ausstellungskatalog Bezug genommen haben. Über die Textsorte…

Han Kang: The White Book [Weiß]

Als 2024 bekannt wurde, dass Han Kang den Nobelpreis für Literatur erhält, war es eine kleine Sensation. Niemand hatte sie offenbar so richtig auf dem Schirm gehabt: zu jung, eine Frau, eine Asiatin, eine Koreanerin. Ein bisschen vergessen gegangen bzw. im deutschen Sprachraum auch praktisch unbekannt war offenbar der Umstand, dass sie bereits 2016 für…

Erika & Klaus Mann: Rundherum

Am 7. Oktober 1927 traten Erika und Klaus Mann in Rotterdam eine Reise an, die sie – nach ihren ursprünglichen Plänen – in die USA hätte führen sollen und dann wieder zurück nach Deutschland. Es war, wie Klaus Mann 1942 in seiner Autobiografie Der Wendepunkt selber zugeben sollte, mehr oder weniger eine Flucht. Klaus Manns…

Virginia Woolf: Vom Verachtetwerden oder Drei Guineen [Three Guineas]

[Es ist leider so,] dass die Frauenbewegung auch schuld am miserabelsten ihrer Bücher ist – den streitsüchtigen Three Guineas – und Ursache für eine Reihe weniger guter Passagen in Orlando. […] Sie [Virginia Woolf – P.H.] war überzeugt davon, dass die Gesellschaft für die Männer gemacht sei, dass die Hauptbeschäftigung der Männer darin bestehe, Blut…

Frank Baumann: Karma

Wir schreiben das Jahr 2024. Zwei nicht mehr ganz junge Männer begeben sich zusammen auf einen Trip nach Nepal. Sie sind Freunde, beides Schweizer, wenn auch von unterschiedlichem Charakter und Neigungen. Frank Baumann, der eine, war einmal in der Werbung tätig, arbeitete später als Moderator in Radio und Fernsehen, in welch letzterem er auch eine…

Walter Benjamin: Das Passagen-Werk

Gebiete urbar zu machen, auf denen bisher nur der Wahnsinn wuchert. Vordringen mit der geschliffenen Axt der Vernunft und ohne rechts noch links zu sehen, um nicht dem Grauen anheim zu fallen, das aus der Tiefe des Urwalds lockt. Aller Boden mußte einmal von der Vernunft urbar gemacht, vom Gestrüpp des Wahnsinns und des Mythos…

Ingrid Bachér: Das Paar

Es ist unmöglich, und mein innerstes Leben empört sich, wenn ich denken will, als verlören wir uns. Ich würde Jahrtausende lang die Sterne durchwandern, in allen Formen mich kleiden, in alle Sprachen des Lebens, um dir einmal wiederzubegegnen. Aber ich denke, was sich gleich ist, findet sich bald. – Hölderlin, Hyperion S. 5 So lautet…

Wilhelm Raabe: Fabian und Sebastian

Still und leise hat der Wallstein Verlag letztes Jahr mit dem vorliegenden Band eine neue Raabe-Werkausgabe angefangen. Sie wird als kritisch kommentiert angezeigt. Nun weiß ich allerdings nicht genau, was damit gemeint sein könnte. Ich vermute, es sind die recht ausführlichen, oft ins Literaturkritische (besser: Literaturwissenschaftliche) ausholenden Anmerkungen des Herausgebers Moritz Baßler gemeint. Eine eigentliche…

Arno Schmidt: Seelandschaft mit Pocahontas

Es ist wahrscheinlich etwas gewagt von mir, einen Text von Arno Schmidt vorzustellen im Wissen, dass unter den potenziellen Leser:innen welche sind, die Schmidts Werk viel besser kennen als ich und teilweise dazu hochoffiziell publiziert haben – auch und gerade zu Seelandschaft mit Pocahontas. Aber dann schreibe ich in erster Linie ja für mich selber,…