Nasrin Schuppli: Traum aus Nacht und Schatten

Einige, geneigtes Publikum, mögen sich noch erinnern, dass ich vor etwas mehr als zwei Monaten die 1. Bodensee Buchmesse besucht und anschließend über meinen Besuch berichtet habe. Am Ende meines Berichts habe ich vermerkt, dass ich dort auch zwei Bücher gekauft hatte, über deren Lektüre ich bei Gelegenheit hier berichten würde. Nun ist es so…

Gary Victor: Eine Violine für Adrien [Le violin d’A.]

Ort der Handlung: Port-au-Prince, die Hauptstadt von Haiti; Zeit der Handlung: Frühling 1971. Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Form von einem Jungen namens Adrien. Der steckt gerade in der Pubertät, macht die ersten sexuellen Erfahrungen mit gleichaltrigen Mädchen und verliebt sich gar. Zum einen in eine junge Frau, ungefähr seines Alters. Das ist problematisch,…

Ruth Weiss: Miss Moore und die Saboteure von Jütland

Miss Emily Moore hatte keineswegs vor, Dänemark zu besuchen. Sie wollte eigentlich überhaupt nicht mehr viel reisen, egal wohin. Am Vormittag hatte sie das Sir Jeremy Clifton, ihrem ehemaligen Chef und besten Freund, erklärt, der wissen wollte, was ihre Reisepläne für den Sommer seien. »Ich denke, wenn man mal jenseits der achtzig ist, verbringt man…

Béla Rothenbühler: Polifon Pervers

Vor etwas mehr als einer Woche wurden die Nominierten des Schweizer Buchpreises 2024 bekannt gegeben. Die Longlist des Deutschen Buchpreises, die immer etwas früher als die Schweizer Liste veröffentlicht wird, hat weiter keine Bücher enthalten, die mich interessieren. Einzig, dass Mithu Sanyal wieder nominiert wurde, habe ich zur Kenntnis genommen, aber ihr letztes nominiertes und…

Jasmin Schreiber: Endling

Wir schreiben das Jahr 2041. Die EU hat sich aufgelöst. In Deutschland regieren seit rund einem Jahrzehnt die Faschisten. Diese bemühen sich erfolgreich und unter Anwendung von Gewalt, die Gleichstellung der Frauen rückgängig zu machen. Außerdem ziehen Pandemien im Jahreszyklus um die Welt. Das Artensterben hat an Geschwindigkeit rapide zugenommen. In dieser Welt lebt Zoe,…

Sebastian Domsch: Brooklyn. Ort der Literatur

Sebastian Domsch (Jahrgang 1975) ist Professor für Anglophone Literatur und Kultur an der Universität Greifswald – prädestiniert also für ein Buch über Brooklyn als Ort der Literatur. Seine Fachkenntnisse kommen sehr gelegen. Dennoch handelt es sich hier nicht (nur) um ein Buch für Dozierende oder Studierende der Literatur- oder der Kulturwissenschaften. Auch Amateure und Amatricen…

Mario Vargas Llosa: Die große Versuchung

Le dedico mi silencio (so der Originaltitel dieses Werks) sei sein letzter Roman, lässt Mario Vargas Llosa in einer kurzen Nachschrift am Ende des Buchs verlauten, um weiter zu fahren: Ich würde jetzt gern einen Essay über Sartre schreiben, in jungen Jahren war er mein Lehrmeister. Es wird das Letzte sein, was ich schreibe. Offen…

1. Bodensee Buchmesse

Frankfurt und Leipzig beherbergen die größten Buchmessen im deutschen Sprachraum. Daneben existieren immer mehr und überall kleinere Veranstaltungen, und vielleicht geht der Trend wirklich in Richtung Dezentralisierung. Für mich jedenfalls sind die Zeiten vorbei, da ich die Buchmessen in Frankfurt oder Leipzig besuchte. Es stimmt für mich ganz einfach das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag…

«Kettly Mars – Vodou, Literatur und Kasalé»

Nicht ganz 4½ Jahre ist es her, seit ich das letzte Mal einer Lesung beigewohnt habe – eine lange Zeit, die nicht nur (aber auch) durch die Pandemie zu erklären ist. Nun aber war ich vergangenen Mittwoch wieder einmal an einer Lesung. Sie fand wie jene vor 4½ Jahren in Zürich statt, dieses Mal als…

Ralph Ludwig (Hrsg.): Irrschweifen und Lachen (L’errance et le rire)

Nicht nur Haïti sondern die ganze Inselgruppe, zu der dieser Staat gehört und die man üblicherweise unter dem Namen der Antillen zusammenfasst, ist für mich, literarisch gesehen, ein ziemliches schwarzes Loch. Und ich denke, dass es vielen der hier Mitlesenden ähnlich geht. So habe ich die Gelegenheit ergriffen, nach Kettly Mars’ Kabalé ein weiteres Buch…