Begleitband II.1 zu den Beneke-Tagebüchern: Zeitleiste und Anhänge

Etwas irritiert bin ich ja nun schon durch den ersten Teil des Begleitbandes II. Er wirft in mir mehr Fragen auf, als er beantwortet. Nämlich:

Es gibt hier einen kurzen Mittelteil, der sich Zur Edition und zum Register nennt. Solche rein fachlichen Informationen werden gern überschlagen, denn ein Abkürzungs- und Siglenverzeichnis hat man sich unterm Lesen wohl rasch selber im Kopf gebildet. Dennoch ist es natürlich editorische Pflicht, so etwas zu liefern. Was aber in dieser Rubrik auch so ganz nebenbei erwähnt wird, ist die Tatsache, dass offenbar geplant ist, eine kritische Ausgabe der Briefe zu liefern, die – ähnlich wie die kritische Musil-Ausgabe von Walter Fanta – zunächst (?) im Internet eingestellt werden soll. Dagegen ist an und für sich nichts einzuwenden; nur überrascht diese Mitteilung insofern, als wir mit der gedruckten, unkritischen Version gerade mal im Jahr 1816 stehen, Beneke also noch 32 Jahre seines Lebens (und damit seines Tagebuchs!) vor sich hat. Darüber, wie oder wann diese 32 Jahre noch geliefert werden sollen, kein Wort. Man erlaube mir auch ein skeptisches Kopfschütteln über diese Pläne angesichts des Umstands, dass die offizielle Webseite des Projekts (www.ferdinand-beneke.de) noch lange, nachdem die III. Abteilung der Tagebuch-Edition bereits beim Leser war, nichts davon wusste. So, wie sie Stand heute nichts von der dieses Jahr erschienenen II. Abteilung weiß – was kein Wunder ist, weist die Seite doch selber als Datum der letzten Aktualisierung den 28. Mai 2017 aus. Unter http://www.ferdinand-beneke.de/index-Dateien/Page312.htm heißt es übrigens – ich glaube, seitdem die Seite besteht – die Edition sei auf ca. 20 Bände angelegt. 16 sind bis heute erschienen – müssen wir davon ausgehen, dass die noch ausstehende IV. Abteilung die verbleibenden 32 Jahre gleich aufs Mal in 4 Bände quetscht? Solche Fragen treiben den Leser der Printausgabe primär um; eine kritische Internet-Version interessiert im Moment weniger. Aber wie weit den Zahlen der Homepage zu trauen ist, kann der Leser sowieso nicht beurteilen. Dann auch in anderer Hinsicht ist sie längst nicht mehr up to date: Noch immer hält sie auf der oben angegebenen Seite fest, dass die Edition von 2012 bis voraussichtlich 2017 erscheinen solle. 2017! Verspätungen und Planänderungen sind bei einem Projekt dieser Größe normal. Aber von Plänen zu einer kritischen Internet-Edition zu lesen, wenn das Printprojekt erst 24 von insgesamt 56 Jahren abgedeckt hat, mit dem Wissen im Hinterkopf, dass die das Printprojekt begleitenden Internet-Seite in ihren Informationen notorisch um Jahre hinterher hinkt, lässt den Leser bedenklich den Kopf wiegen.

Am umfangreichen Personen-Index gibt es nichts zu mäkeln.

Gehen wir über zur sog. Zeitleiste. Dabei handelt es sich um eine in vier Spalten aufgeteilte Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse der Beneke-Zeit. Die erste Spalte bringt Informationen zur Biografie von Ferdinand Beneke, die zweite führt wichtige Ereignisse die Hanse-Städte – allen voran natürlich Hamburg! – betreffend an, die dritte welche zur internationalen Politik, die vierte schließlich notiert Wichtiges im Bereich des Kulturellen und Sozialen. Eine kleine, teilweise auch illustrierte, Geschichtsschreibung der Beneke-Jahre also. Das fängt an mit der Geburt von Benekes Eltern. Diese, Ferdinands Kindheit und Jugend, seine (meist früh verstorbenen) Geschwister, werden aber nur ganz kurz erwähnt. Erst mit dem ersten Tagebuch Benekes wird die Zeitleiste ausführlicher. Über die Auswahl im Bereich des Kulturellen und Sozialen könnte man streiten – die Herausgeber haben versucht, Ereignisse zu erwähnen, die in irgendeiner Form eine Rückwirkung auf Beneke hatten. Aber der Leser steht auch hier vor einer unbeantworteten Frage: Warum diese Zeitleiste nicht zu Beginn der Ausgabe, in der ersten Abteilung? Warum nicht ganz am Schluss, in der vierten Abteilung? Und vor allem: Warum endet diese Zeitleiste mit dem Jahr 1816, dem letzten in der dritten Abteilung abgedeckten Jahr? Dem Leser beginnt Böses zu schwanen: War’s das nun mit der Printausgabe? Wird sie sang- und klanglos ersetzt werden durch eine wann und wie immer zu erstellende kritische Ausgabe im World Wide Web?

Ich fürchte es.

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