Thomas Paine kannte in seinem Leben nur eine relativ kurze Zeit der Bekanntheit und Anerkanntheit. Kindheit, frühes und mittleres Mannesalter verliefen ohne größere Ereignisse, außer dass er 1774 aus dem Zolldienst entlassen wurde, weil er sich in einer Petition für eine bessere Bezahlung seiner Kollegen eingesetzt hatte. Damals kannte er bereits Franklin und konnte nach Nordamerika ausreisen. Dort erst fand er zu seiner eigentlichen Berufung: Er wurde Journalist und Pamphletist – und was für einer! Seinen Schriften ist es zu verdanken, dass die amerikanischen Kolonien überhaupt den Gedanken fassten, sich von England unabhängig zu erklären und vieles davon ist in die von Jefferson verfasste Unabhängigkeitserklärung eingeflossen. Seinen Schriften ist es auch zu verdanken, dass die amerikanische Armee nach einer Reihe von Niederlagen gegen die Engländer wieder Mut fasste – Washington ließ sie eigens seinen Truppen vorlesen.
Thomas Paine war der Mann des Niederreißens, des Protestierens und des Projektierens. Nach erreichter Unabhängigkeit als „Vereinigte Staaten von Amerika“ (auch dieser Name soll auf Paine zurückgehen) interessierte ihn die US-amerikanische Politik nicht mehr. Er kehrte 1787 nach England zurück, um dort eine – Brücke zu bauen. Daneben freundete er sich mit Edmund Burke an, der in den Unabhängigkeitskriegen eine vermittelnde Rolle eingenommen hatte und den Paine deshalb für einen Freund der Freiheit hielt. Umso größer sein Entsetzen, als sich Burke nach Ausbruch der Französischen Revolution mit verschiedenen Schmähschriften gegen diese wendete. Eine dieser Schriften Burkes (Reflections on the Revolution in France) von 1790 beantwortete Paine im Jahr darauf mit dem hier vorliegenden Rights of Man.
Es handelt sich hier also um ein Pamphlet, eine politische Kampfschrift. Vor allem im ersten Teil verficht Paine die Position, dass jeder Mensch von Natur aus über Rechte verfüge, die ihm niemand wegnehmen könne – nicht einmal er sich selber. In Frankreich, so sein Argument, hätte sich die Monarchie in eine Despotie verwandelt, und das Volk hätte nur seine ihm von Natur zustehenden Rechte zurück geholt. Burkes Argument, dass z.B. in England das Parlament von 1644 für alle zukünftigen Generationen dem Monarchen zu folgen versprochen hätten, weist er zurück: Kein Mensch könne für andere so etwas versprechen, a fortiori also auch keine Generation es für die nächste tun. (Paine ist, wie gesagt, politischer Pamphletist. Dass das Argument wohl auf Thomas Hobbes‘ Leviathan zurückgeht und auch historisch erklärt werden muss dadurch, dass man sich nach langen Jahren des Bürgerkriegs wieder nach Ruhe und Frieden sehnte, interessierte ihn nicht, wusste er wohl gar nicht.) Paine hält fest, dass die Französische Revolution tatsächlich (wie von Burke befürchtet) auch auf die englischen Verhältnisse angewendet werden sollte, wo zwar die Magna Charta existierte, aber keine vom Volk akzeptierte Verfassung. Hinter Paines Position stehen wohl auch Diskussionen mit Jefferson und Lafayette.
Es kam, wie es kommen musste: Der zweite Teil der Rights of Man, in denen Paine vor allem Vorschläge machte zur Verbesserung der ökonomischen Situation der englischen Bevölkerung, konnte erst ein Jahr später erscheinen, und Paine flüchtete vor der englischen Justiz nach Frankreich. Dort empfing man ihn – nicht zuletzt gerade dieser Schrift wegen – mit offenen Armen. Er wurde französischer Bürger und gleichzeitig Mitglied der Assemblée nationale. Das war in gewisser Weise der Höhepunkt seiner Karriere als Politiker. Schon kurze Zeit später nämlich zeigte sich die zunehmende Radikalisierung dieser Versammlung. Während Paine in den Rights of Man noch als klare Position dieser Revolution fest gehalten hatte, dass sie sich gegen die Monarchie als Institution und nicht gegen Louis XVI als Person gerichtet habe, verlangten nun die radikaleren Mitglieder der Assemblée nationale den Tod des Königs und seiner Gattin. Paine opponierte – und fand sich selber im Gefängnis wieder. Nur knapp entging er der Guillotine, aber den Rest seines Lebens würde er es seinen amerikanischen Freunden vorwerfen, dass sie sich um den Gefangenen Paine nicht gekümmert hätten. Er ging auf Einladung Jeffersons zurück in die USA – nur, um zu erleben, dass er wegen seiner religionskritischen Schrift Age of Reason bei den dortigen Puritanern ebenfalls in Ungnade gefallen war. Man verleumdete ihn als versoffenen Lügner, der von seinen wenigen Freunden sogar gezwungen werden müsse, sich regelmäßig zu waschen.
Heute interessiert wohl vor allem noch der erste Teil dieses Pamphlets, wo Paine in klaren und dezidierten Worten die Rechte eines jeden Individuums auf Selbstbestimmung und politische Teilhabe am Staat fordert. Hier finden sich Sätze, die man auch heute noch von Zeit zu Zeit den Regierungen und Parlamenten vorgelesen werden sollten. Auch und gerade in den USA, wo sie eigentlich in die Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung eingeflossen waren. Beim zweiten Teil hingegen handelt vorwiegend eine Untersuchung der ökonomischen Verhältnisse in England und deren Veränderung (in Paines Augen: Verschlechterung!) im Lauf der Jahre – eine Untersuchung, die ihrerseits viel von Adam Smith übernommen hat, heute aber wohl eher dem Wirtschaftshistoriker von Interesse ist.