Patrick Leigh Fermor: Zwischen Wäldern und Wasser. Zu Fuß nach Konstantinopel: Von der mittleren Donau zum Eisernen Tor. Der Reise zweiter Teil

Alles in allem eine erfrischende Lektüre, deren Erfolg garantiert sein musste. Es gibt einen zweiten Teil zur dieser Reise, den ich allerdings nicht so schnell lesen werde, hat sich doch der Dörlemann-Verlag, dessen Ausgabe ich gelesen habe, in den Kopf gesetzt, zwar Band 1 separat zu verkaufen, Band 2 aber nur im Bundle mit Band 1. Offen gesagt, hat Dörlemann mit dieser seltsamen Verkaufspolitik einen Fan verloren.

Das habe ich vor 2 ½ Jahren geschrieben, als ich hier den ersten Teil vorstellte des Berichts, den Patrick Leigh Fermor über die Fußreise verfasste, die er mit 18 Jahren in Holland begann, und die in Konstantinopel (wie Istanbul damals noch hieß) enden sollte. Tatsächlich waren die Verhältnisse dieses Buchs beim Dörlemann-Verlag noch verzwickter: Auch das Bundle von zwei Bänden war beim Veröffentlichen meines Aperçu bereits nicht mehr erhältlich, was ich aber erst später erfuhr. Nun aber, 2 ½ Jahre später, habe ich zufälligerweise gesehen, dass die Einzelbände offenbar wieder als solche verkauft werden. Ich habe mir also den zweiten Band noch besorgt und ihn gelesen; ein Fan solch einer Verlagspolitik werde ich allerdings in diesem Leben nicht mehr.

Trotzdem noch die bibliografischen Angaben:

Patrick Leigh Fermor: Zwischen Wäldern und Wasser. Zu Fuß nach Konstantinopel: Von der mittleren Donau zum Eisernen Tor. Der Reise zweiter Teil. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Zürich: Dörlemann, 2006 [!]


Zum Inhalt:

Wir hatten im ersten Buch Fermor verlassen, wie er gerade auf einer Brücke über die Donau die Slowakei verließ und Ungarn betrat. In diesem zweiten Buch werden wir ihn von diesem Übertritt an begleiten, wie er sich langsam gen Süden treiben lässt: Über Ungarn bis hin zum Eisernen Tor in den südlichen Karpaten, wo sich die Donau den Durchgang aus den Karpaten erzwungen hat. (Einige der Orte dort beim Eisernen Tor existierten dann schon zum Zeitpunkt des Abfassens des Berichts nicht mehr: Sie waren der Errichtung eines Stausees für ein Elektrizitätswerk zum Opfer gefallen – was Fermor Anlass bot für einen kurzen nostalgischen Anhang.) Auf seinem Weg nach Süden folgte der junge Mann übrigens keineswegs einfach der Donau; er verließ sie über weite Teile von Band 2 sogar gänzlich. Er hatte nämlich, schon aus seiner Zeit in Österreich, viele (adlige) Bekannte bzw. Freunde von Bekannten und Bekannte von Freunden (und alle Permutationen), bei denen er nur anzuklopfen brauchte, um dort aufgenommen zu werden. Was der junge Fermor denn auch weidlich ausnutzte: Er verbrachte oft Monate auf irgendwelchen herrschaftlichen Anwesen. Er wurde – ein bisschen offenbar sogar zum eigenen Erstaunen – überall freundlichst empfangen, und seine jeweils neuen Freunde gaben sich jedes Mal alle Mühe, dem jungen Mann die lokalen Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Bei einem 19-Jährigen verwundert es vielleicht nicht, dass viele dieser Sehenswürdigkeiten aus mehr oder minder ausgedehnten Party-Nächten bestanden …

Schon der erste Band seiner Reisebeschreibung wurde erst 44 Jahre nach der eigentlichen Reise veröffentlicht, 1977. Band 2 musste sogar bis 1986 warten. Band 3, in dem er endlich in Konstantinopel angekommen wäre, konnte er nicht mehr fertigstellen, obwohl er sich 2007 sogar noch eine Schreibmaschine kaufte, um mit seinen Büchern schneller fertig zu werden. 2013, zwei Jahre nach Fermors Tod, wurde ein Manuskript aus dem Jahre 1960 veröffentlicht, das diesen Schlussteil bilden sollte, aber offenbar Fragment geblieben ist. Diese ganze Publikationsgeschichte zeigt, wie langsam und sorgfältig Fermor seine Reiseberichte verfasste.

Sie weist aber natürlich auch auf einen großen Vor- und gleichzeitig Nachteil seiner Berichte hin: Die Spontaneität einer Niederschrift kurz nach der Reise – inklusive einer präziseren Erinnerung – geht so verloren. Fermor macht das allerdings wett durch den Umstand, dass der über 70-Jährige den Erlebnissen des 19-Jährigen (die wohl eher aus Partys und Liebeleien bestanden) solides literarisches, geschichtliches, ja sogar kirchengeschichtliches Wissen unterfüttern konnte. Vor allem die deutsche und die englische Literatur werden fleißig zitiert; er ist sich aber nicht zu schade, auch Trivialeres, wie Dracula von Stoker (natürlich in Transsilvanien!) oder zum Vergleich Tarzan von Edgar Rice Burroughs heranzuziehen. So haben wir vor uns einen Text voller literarischer Reminiszenzen (für Namen vergleiche man die Schlagwörter unten) und geschichtlicher Informationen, der darüber hinaus sogar in eleganter und frischer Sprache geschrieben wurde.

Dem Verlag misstraue ich immer noch ob seiner seltsamen Veröffentlichungstaktik – den Autor und den Text kann ich allerdings nur empfehlen. Auch die Übersetzung scheint mir sehr gelungen.

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