Meta Klopstock geborene Moller: Briefwechsel mit Klopstock, ihren Verwandten und Freunden. Erster Band ~ 1751 bis 1754

Nahaufnahme vom olivgrünen Leinengewebe des Bucheinbands.

1950 ging der Nachlass Friedrich Gottlieb Klopstocks in den Besitz der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg über. Bei der Katalogisierung fand sich auch ein Konvolut mit Briefen von und an Margareta (genannt Meta) Moller, die Klopstocks erste Frau werden sollte. Klopstock war in den 1950ern noch eine feste Größe im deutschen Dichter-Parnass. Das Konvolut interessierte also zunächst einmal wegen der biografischen Forschung zu ihm. Dann aber brachte es der Germanistik zu Bewusstsein, dass Meta zu Lebzeiten in kulturellen Kreisen auch auf eigene Rechnung ziemlich bekannt gewesen war – insbesondere auf Grund ihrer mannigfaltigen brieflichen Kontakte.

1956 erschien dann der Briefwechsel mit Klopstock, ihren Verwandten und Freunden in drei Bänden. Wenn wir, wie ich auch schon gelesen habe, Meta Moller zugleich als Frau des Rokoko und der Empfindsamkeit bezeichnet sehen, so klingt das vielleicht zunächst nach einem Widerspruch. Wenn wir aber ihre Herkunft betrachten, erklärt sich dieser Widerspruch. Als jüngste Tochter eines Hamburger Kaufmanns war für sie eine gewisse Weltläufigkeit eine Selbstverständlichkeit. Als Kind ihrer Zeit hatte sie zweifelsohne aber auch schon früh Bekanntschaft geschlossen mit pietistischen Strömungen, die ja den Grundton der Empfindsamkeit darstellen.

So fällt bei der Lektüre der Briefe der noch unverheirateten Frau zweierlei sofort auf. Da ist einerseits ihre Sprache: ein lockerer, gut lesbarer Stil, der echt und lebendig wirkt. Friedrich Gottlieb tut sich da ein bisschen schwerer. Manchmal gelingt es ihm, locker zu bleiben; manchmal aber fällt er in einen ein bisschen schwerfälligeren Ton, der sich zwar in Oden gut macht, in Briefen aber wohl schon zu seiner Zeit altväterisch bzw. altklug wirkte. Auf der anderen Seite fällt bei Meta der große Kreis an Bekannten und Freunden aus Kreisen der Literatur auf, den sie schon hatte, bevor Klopstock in ihr Leben trat – Schlegel und Gleim, um nur die wichtigsten zu nennen.

Im Zentrum der Ausgabe stehen aber, wie es der Titel der Ausgabe schon vermuten lässt, die zwischen Klopstock und Moller gewechselten Briefe. Band I enthält in zwei großen Kapiteln und auf insgesamt etwas über 400 Seiten die Briefe vor der Verlobung und die Briefe aus der Brautzeit. Darin erfahren wir, wie Klopstock vom dänischen Hof doch ziemlich an die Kandare genommen wird. Die jährliche Zuwendung ist nicht riesig und reicht nicht, um einen eigenen Hausstand zu gründen. Dennoch verlangt der König praktisch ständige Präsenz – selbst mal schnell von Kopenhagen nach Hamburg zu reisen, war kaum möglich.

Daneben habe ich mir zwei Dinge notiert. Die erste Notiz betrifft den Zufall paralleler Lektüre. Wer, wie ich jetzt gerade, von Herders Briefen aus den Jahren 1793 bis 1798 herkommt und nun in Meta Mollers Briefwechsel einsteigt, der sich fast 50 Jahre früher abgewickelt hat, wird feststellen, dass gewisse Namen immer noch prominent sind: Uz zum Beispiel, natürlich Klopstock selber, aber auch Gleim. Doch was im ausgehenden 18. Jahrhundert Herders verehrungswürdige, aber auch fast schon ein wenig veraltete Patriarchen der Literatur waren, sind bei Meta Moller noch junge Springinsfelde. So kann Meta noch ohne Probleme Gleim anraten, auch zu heiraten, oder einer Freundin von der ersten Begegnung mit (dem schon als Dichter des Messias bekannten) Klopstock berichten, bei der sie – neben Klopstock sitzend – sich vornüber beugte, um der Dame auf der anderen Seite Klopstocks etwas zu geben oder zu zeigen, und dabei ein Seufzen (ich vermute, es war eher ein Stöhnen) Klopstocks vernahm, der – wie sie bemerkte – in ihren Ausschnitt linste. Sie möge ja so etwas im Allgemeinen nicht, kommentierte sie das, aber Klopstock verzeihe sie es. Das ist dann zwar auch schon der laszivste Teil ihrer Briefe, aber doch recht starker Tobak für eine knapp 20-jährige Tochter aus gutem Haus. Auch die Empfindsamen waren keine asexuellen Heiligen … Im Übrigen spielen Klopstock und Moller das zu jener Zeit (wie auch zu Herders Zeit noch) übliche Spiel mit Decknamen aus der Literatur. Vor allem Klopstock nennt Meta gern mit verschiedenen Versionen des Namens Clara, der aus der Lektüre von Samuel Richardson stammt.

Berührend sind dann gewisse, (schon von Klopstock?) unleserlich gemachte Stellen, die man in den 1950ern aber schon wieder lesbar machen konnte, und in denen Meta von einem langen Leben an der Seite ihres geliebten Klopstock träumt – mit vielen Kindern …

Alles in allem aber finde ich Meta Moller als Briefstellerin bedeutend besser und interessanter zu lesen denn als eigentliche Autorin. Das gilt zumindest für die Periode bis zu ihrer Heirat mit Klopstock. Sie ist eine aufgeweckte Beobachterin und weiß spannende Geschichten zu erzählen.

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