Leroux‘ Geheimnis des gelben Zimmers ist einer der drei Kriminalromane, die die Folio Society 2017 unter dem Motto locked room mystery gemeinsam veröffentlicht hat, was erklärt, warum ich ein französisches Buch auf Englisch lese. (Die beiden andern Romane sind Edgar Wallace‘ The Four Just Men und ein Roman von John Dickson Carr, den ich später vorstellen werde.)
Leroux‘ Roman trägt das hermetisch abgeriegelte Zimmer bereits im Titel. Anders als bei Wallace, geht es bei Leroux vor allem darum, wie der Mörder aus diesem Raum gekommen ist, denn die Frage, wie er hineingekommen ist, kann Rouletabille, der Detektiv des Romans, relativ rasch klären. Anders als bei Wallace, kommt das hermetisch abgeriegelte Zimmer sogar zweimal vor. Denn gleich zweimal versucht der Mörder, die Heroine zu beseitigen. Anders als bei Wallace – das geht aus vorherigem Satz bereits hervor – bleibt es auch beim versuchten Mord; das auserwählte Opfer überlebt beide Mordanschläge, weigert sich aber, Aussagen zur Person des Täters zu machen. Nun, Rouletabille wäre nicht der geniale Detektiv, als der ihn sein Freund und Erzähler hinstellt, wenn er den Fall nicht trotzdem lösen könnte. Dabei ist der Journalist Rouletabille erst 18 Jahre alt und am Anfang seiner grossen Karriere als Amateurdetektiv. (Das Geheimnis des gelben Zimmers sollte denn auch auf Grund des Erfolgs zum ersten einer Reihe von Romanen mit diesem Detektiv werden.)
Le mystère de la chambre jaune ist 1907 zum ersten Mal erschienen. Leroux verwendet die von Sherlock Holmes und Dr. Watson bekannte Erzählmethode des ungleichen Paars ‚genialer Amateurdetektiv und redlicher, aber nicht allzu heller Freund als Ich-Erzähler‘, fügt allerdings auch Auszüge aus Protokollen oder Tagebüchern ein, wo es darum geht, Dinge zu erzählen, die der Ich-Erzähler beim besten Willen zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht selber gesehen haben konnte. Das trägt zum gewünschten Pseudo-Realismus der Story ebenso bei, wie die – vor allem am Anfang – sich häufenden Versicherungen des Ich-Erzählers, hier handle es sich nicht um eine beliebige Räuberpistole, sondern hier werde über ein wahres, stattgefundenes Ereignis berichtet. Und wenn irgendwann im ersten Drittel den Leser der Verdacht ankommt, Leroux habe zum selben Trick gegriffen wie Edgar Allan Poe, um den Täter aus dem hermetisch verriegelte Zimmer gelangen zu lassen (nämlich zum Gorilla), dann wird der Ich-Erzähler heftig protestieren, dass der Gorilla eben nicht möglich sei, weil selbst für einen Affen zu wenig Platz zum Entweichen gegeben war. (Dass Rouletabille später das Eindringen in das zweite hermetisch verriegelte Zimmer mit affenähnlicher Körperkräften und affenähnlichen Kletterkünsten des Verbrechers erklärt, ist allerdings ein Wermutstropfen in der Sache.)
Alles in allem keine hochstehende Literatur, aber als Amüsement an einem verschneiten Winter-Nachmittag allemal tauglich.
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