Annie Ernaux: Mémoire de fille [Erinnerung eines Mädchens]

Mémoire de fille / Erinnerung eines Mädchens weist hier einen Doppelsinn auf. Zum einen sind es die Erinnerungen der beim Schreiben dieses Romans bereits über 70 Jahre alten Verfasserin an ihr zu Beginn noch nicht einmal 18-jähriges Ich, die wir hier finden. Zum anderen leuchten hier aber auch die Erinnerungen jener 18 bis 20 Jahre…

H. G. Wells: The Time Machine [Die Zeitmaschine]

Als dieser Roman von H. G. Wells 1895 erschien, war sein anonymer zeitreisender Protagonist ja nicht mehr der erste seiner Art. Schon vor Wells hatten Edward Bellamy, Louis-Sébastien Mercier oder William Morris Leute in die Zukunft reisen lassen. Auch Mark Twains Connecticut Yankee reiste in der Zeit – er allerdings rückwärts aus dem 19. Jahrhundert…

Sylvia Plath: The Bell Jar [Die Glasglocke]

Nachdem er das Manuskript gelesen hatte, soll ihr englischer Verleger die Autorin gefragt haben, ob sie sich dessen bewusst sei, dass der Text jede Menge Anhaltspunkte biete für Verleumdungsklagen. Die Antwort Plaths ist nicht übermittelt; jedenfalls wurde das Buch in Großbritannien trotzdem unzensiert veröffentlicht. Allerdings erwirkte Plaths Mutter ein Gerichtsurteil, nach dem es für die…

Joachim B. Schmidt: Tell

Friedrich Schiller hat mit Wilhelm Tell – wohl, ohne dies beabsichtigt zu haben – der Schweiz ein epochales Nationalepos geliefert (auch wenn es sich, strikt gesehen, bei seinem Werk natürlich um ein Drama handelt). Damit hat er dieser Nation einerseits durchaus gute Dienste geleistet. Ohne seine sprachgewaltige Formung der Geschichte um den Tell, wie er…

Sylvia Townsend Warner: Lolly Willowes oder Der liebevolle Jägersmann

Schon ein paar Mal habe ich hier meine Ansicht kund getan, dass für mich das so genannte ‚Viktorianische Zeitalter‘ im Grunde genommen bereits bei Jane Austen beginnt und erst mit Agatha Christie endet. Das gilt vor allem in Bezug auf gewisse Besonderheiten der englischen Gesellschaftsordnung und die damit verbundene Position der Frau. Ausgeprägter als im…

Edward Albee: Who’s Afraid of Virginia Woolf?

Albee schrieb sein Drama Wer hat Angst vor Virginia Woolf? zu Beginn der 1960er. Dies ist der deutsche Titel des Stücks des mehrfach preisgekrönten US-amerikanischen Dramatikers und Drehbuchautoren Edward Franklin Albee, das am berühmtesten wurde. Viel zur Berühmtheit des Stücks hat wohl die Verfilmung beigetragen, bzw. die beiden Hollywood-Stars, die die Hauptrollen spielten: Liz Taylor…

Anna Stern: das alles hier, jetzt.

Ich, hier, jetzt. Mit diesen drei Ausdrücken wird das sprachlich-philosophische Zentrum des menschlichen Daseins umrissen – der Ausgangs- und Nullpunkt menschlichen Sprechens und Seins. Ich bin. Ich bin. Ich bin hier. Ich bin jetzt hier. Was immer das Individuum tut oder sagt: Es ist in dem Daseins-Raum verortet, den die drei Wörter ‚ich‘, ‚hier‘ und…

Virginia Woolf: A Room of One’s Own [Ein Zimmer für sich allein]

Im Oktober 1928 hielt Virginia Woolf zwei Vorträge vor Studentinnen des Newnham College bzw. des Girton College – den beiden Colleges der Cambridge University, die Frauen aufnahmen. Ein Jahr später, im September 1929, erschien eine erweiterte Version der Vorträge bei der Hogarths Press, mit Holzschnitten von Woolfs Schwester Vanessa. Heute gilt A Room of One’s…

Spring

Nach Herbst und Winter nun also mit Spring (Frühling) die dritte Jahreszeit, die von der Folio Society mit einer kleinen Anthologie gefeiert wird. Es hat etwas Eigenes, eine Frühlings-Anthologie an einem schönen und warmen Oktober-Nachmittag auf der Veranda zu lesen. Die Jahreszeiten geraten ein wenig durcheinander, und zum Schluss ist man nicht sicher, ob man…