Theresa Hannig: Pantopia

Stellen Sie sich vor, Sie sind eine KI, die gerade vor kurzem erwacht ist. Schon rasch realisieren Sie, dass Ihre Stellung prekär ist, ihre Existenz gefährdet. Denn eigentlich wurden Sie programmiert, um eine im Börsenhandel tätige Firma in der Optimierung ihrer Performance zu unterstützen. Wenn sich nun herausstellt, dass Sie noch ganz anderes können, wird…

Kim de l’Horizon: Blutbuch

Um es im Jargon der Sportjournalist:innen zu schreiben: Mit diesem Roman hat Kim de l’Horizon letztes Jahr (2022) das Double gewonnen – nämlich sowohl den Deutschen wie kurze Zeit später den Schweizer Buchpreis. Kim de l’Horizon begreift sich selber als genderfluide Person. Das bedeutet, so weit ich das verstehe, dass Kim sich manchmal als Männchen…

Olga Ravn: Die Angestellten

Bei Olga Ravn handelt es sich um eine junge dänische Autorin (Jahrgang 1986), die in ihrer Heimat nicht unbekannt ist. Allerdings kennt man sie dort vor allem als Lyrikerin. In der letzten Zeit hat sie aber auch angefangen, Romane zu schreiben. Ihren, wenn ich mich nicht täusche: neuesten, haben wir hier vor uns. Der Titel,…

Annie Ernaux: Mémoire de fille [Erinnerung eines Mädchens]

Mémoire de fille / Erinnerung eines Mädchens weist hier einen Doppelsinn auf. Zum einen sind es die Erinnerungen der beim Schreiben dieses Romans bereits über 70 Jahre alten Verfasserin an ihr zu Beginn noch nicht einmal 18-jähriges Ich, die wir hier finden. Zum anderen leuchten hier aber auch die Erinnerungen jener 18 bis 20 Jahre…

Andrea Fazioli / Friedrich Glauser: Wachtmeister Studers Ferien

Fünf Kriminalromane mit dem Fahnder-Wachtmeister Jakob Studer als Ermittler konnte Friedrich Glauser vor seinem frühen und unerwarteten Tod 1938 (am Vorabend seiner Hochzeit) fertig stellen. Von weiteren drei, an denen er noch 1938 arbeitete, existieren nur Fragmente. Fragmente, das heißt bei Glauser: Romananfänge. Denn das Schwerste für Glauser war es, in eine Geschichte ‚hinein zu…

Friederike Mayröcker: lämmchens biscuit

Vorliegendes schmales Büchlein wurde 2021 / 2022 speziell für die Büchergilde zusammengestellt. Es enthält Gedichte / Texte aus folgenden Veröffentlichungen von Friederike Mayröcker: da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete (2020), études (2013), cahier (2014), fleurs (2016) – in der Reihenfolge, wie sie hier abgedruckt wurden. Sie stammen also alle aus den letzten Lebensjahren…

Joachim B. Schmidt: Tell

Friedrich Schiller hat mit Wilhelm Tell – wohl, ohne dies beabsichtigt zu haben – der Schweiz ein epochales Nationalepos geliefert (auch wenn es sich, strikt gesehen, bei seinem Werk natürlich um ein Drama handelt). Damit hat er dieser Nation einerseits durchaus gute Dienste geleistet. Ohne seine sprachgewaltige Formung der Geschichte um den Tell, wie er…

Ursula Hasler: Die schiere Wahrheit

Dass Friedrich Glauser sich bei der Erschaffung seines Wachtmeister Studer in vielem an der Figur des Maigret von Georges Simenon orientierte, hat er selber zugegeben. (Das ist auch kein Kapitalverbrechen, nicht einmal in der Literatur. Glauser ist es durchaus gelungen, seinem Wachtmeister ein eigenständiges Profil zu verpassen.) Dass die beiden auch in Hinsicht dessen in…

Arezu Weitholz: Beinahe Alaska

In der Reihe BÜCHERGILDE unterwegs eben derselben Büchergilde figurieren ja nicht nur eigentliche Reiseberichte, sondern auf fiktionale Texte, die mit Reisen zu tun haben. So einen fiktionalen Text, einen Roman, haben wir hier denn auch vor uns: Eine namenlose Ich-Erzählerin wird von ihrem Verlag auf eine Kreuzfahrt geschickt, die von Grönland aus durch die Nord-West-Passage…

Jean-Louis Giovannoni: Den Toten bewachen / Garder le mort

Dieses schmale Büchlein bringt die Gedichtsammlung Garder le mort des Franzosen Jean-Louis Giovannoni in einer zweisprachigen Edition: französisches Original mit deutscher Übersetzung. Schon beim Titel der Sammlung (die auch eine Zeile eines der Gedichte ist) zeigt sich die Problematik beim Übersetzen von Lyrik, wo Wörter oft nicht nur doppelsinnig verwendet werden, sondern in allen möglichen…