Offiziere in der königlich-französischen Armee des 18. Jahrhunderts hatten – wenn nicht gerade Krieg war – meistens recht viel Freizeit, in der sie mehr oder weniger treiben konnten, was sie wollten. Viele fühlten sich dann zu literarischer Produktion getrieben. Sie versifizierten, was das Zeug hielt, und oft wurden diese Verse auch veröffentlicht. Geld hatte man…
Schlagwort: Briefroman
Briefe als Mittel des Erzählens
Sophie von La Roche: Geschichte des Fräuleins von Sternheim
Kann man heute die Geschichte des Fräuleins von Sternheim1) noch lesen? Sollte man sie eventuell sogar noch lesen? Bonaventura (der Nachtwächter und Blogger) verneint die erste Frage in seinem Blog-Eintrag zu diesem Roman kategorisch. Ich muss ihm Recht geben: Wenn man den Roman an Hand der heute gültigen Kriterien für qualitativ höher stehende Literatur beurteil,…
Johann Wolfgang Goethe: Die Leiden des jungen Werthers
Gelesen in der ersten Fassung von 1774 – deshalb auch noch das Genitiv-s am Schluss des Namens. Nach dem Schauspiel Götz von Berlichingen von 1773, das im ganzen deutschen Sprachraum Furore machte, war dies der zweite Großerfolg des jungen Autors Johann Wolfgang Goethe. Ja, der Erfolg des Werther übertraf jenen des Götz bei weitem –…
Marcel Proust: Der geheimnisvolle Briefschreiber [Le Mystérieux Correspondant et autres nouvelles inédites.]
Irgendwo, ich weiß nicht mehr, ob in einer Rezension oder in der Verlagswerbung, habe ich in Bezug auf die Texte dieses schmalen Büchleins von einer Sensation gelesen: wiederentdeckte frühe Texte von Marcel Proust! Tatsächlich scheinen diese Erzählungen aber – wenn ich die Einleitung des Herausgebers Luc Fraisse richtig verstehe – zumindest einer Person schon seit…
Hedwig Dohm: Sommerlieben. Freiluftnovelle [OT: Kinder, Tanten und allerhand Leute]
Hedwig Dohm war eine vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts recht bekannte Journalistin und Autorin. (Sie war auch – nebenbei gesagt – die Großmutter jener Katia von Pringsheim, die den aufstrebenden Schriftsteller Thomas Mann geheiratet hatte, und somit die Urgroßmutter von Klaus und Erika Mann, die offenbar ihre pamphletistisch-journalistisch-belletristische Tripel-Begabung geerbt hatten) Hedwig…
Denis Diderot: Die Nonne [La Religieuse]
Von allen vier Romanen Diderots ist dieser hier vielleicht der schwächste (wenn wir einmal vom Nachgestellten Vorwort absehen – das wird uns noch vor Probleme stellen). Während Rameaus Neffe nur schon wegen seiner bizarren Titelfigur einen bleibenden Platz in der Weltliteratur verdient hat und Jacques der Fatalist und sein Herr wegen des Aufbaus des Romans…
Friedrich Hölderlin: Hyperion
„Diotima!“, ist wohl der erste Gedanke, der dem deutschen Bildungsbürger durch den Kopf blitzt, wenn er von Hölderlins Hyperion hört. Der zweite dann, natürlich, Susette Gontard, das Modell der Diotima, Hölderlins ‚echte, reale Diotima‘. Der dritte schließlich, Hölderlins Schuldgefühle, weil er Diotima im Hyperion sterben ließ, gegen Susettes Einwände, und der nun erleben musste, wie…
C. S. Lewis: The Screwtape Letters / Screwtape Proposes a Toast [Dämonen im Angriff. 31 Briefe; a.k.a.: Dienstanweisung für einen Unterteufel / Streng dämokratisch zur Hölle]
Wenn man sich über den Teufel lustig macht, dann verliere er die Macht über den Menschen. So der gläubige Christ Lewis, und er zitiert in seinem Motto gleich zwei Autoritäten dazu: Martin Luther und Thomas Morus. Im Übrigen widmete er die Screwtape Letters seinem Freund J. R. R. Tolkien. Da weiß man wenigstens gleich, woran…
Reinhold Bernhard Jachmann: Immanuel Kant geschildert in Briefen an einen Freund
Kant hatte sich zu Lebzeiten bei seinen Schülern und Freunden eine Veröffentlichung jedweder biografischer Notizen aufs Nachdrücklichste verbeten. Diese hielten sich denn auch an das Verbot des Meisters. Aber schon kurz nach Kants Ableben, noch 1804, erschienen aus diesem Kreis gleich drei Biografien – zusammengefasst in einem Buch unter dem Titel Über Immanuel Kant. Da…
Friedrich Heinrich Jacobi: Romane I – Eduard Allwill
Unter dem Titel Eduard Allwill veröffentlichen die Herausgeber der Kritischen Ausgabe von Jacobis Werken zwei Fassungen desselben Textes: Eduard Allwills Papiere von 1776 und Eduard Allwills Briefsammlung von 1792, denen sie jeweils Varianten zuzählen. Die erste Fassung, mit einem (anonymen) Zitat von Goethe einsetzend, Lavater und Shaftesbury zitierend, orientiert sich in Stil und Inhalt stark…