Ainsi parlait Saint-Pol-Roux

„Also sprach Saint-Pol-Roux“ müsste man den Titel des vor mir liegenden schmalen Büchleins wohl ins Deutsche übersetzen. Das Buch ist 2022 in Paris beim mir ansonsten unbekannten Verlag Arfuyen erschienen und Teil einer ganze Reihe von solchen Büchern mit dem Titel: Ainsi parlait XYZ. Ob bei der Wahl des Reihentitels an Nietzsche gedacht worden war,…

Joaquim Maria Machado de Assis: Histórias da Meia-Noite

Machado de Assis (1839-1908) führte die brasilianische Literatur praktisch im Alleingang in die zeitgenössische Moderne. War vor ihm dort ein barock verzopfter Klassizismus angesagt, so wurde die Literatur nun schlichter und beschäftigte sich mit dem zeitgenössischen Menschen – die Art Literatur, die in Frankreich, Großbritannien oder Deutschland als Realismus gehandelt wurde. Machado sollte nicht hierbei…

Rachilde: La Marquise de Sade

Rachilde ging auf ihr 30. Lebensjahr zu, als sie kurz hintereinander drei Romane veröffentlichte, die ihren Ruf als Skandalautorin bildeten und festigten: Monsieur Vénus 1884, La Marquise de Sade 1887 und Madame Adonis 1888. Eine zweite Auflage des Monsieur Vénus, ohne die Teile ihres ursprünglichen Co-Autors Francis Talman, erschien schließlich im Jahr 1889. Da ich…

Saint-Pol-Roux: Les Reposoires de la procession I. La Rose et les épines du chemin [Die Stationen der Prozession I: Die Rose und die Dornen auf dem Weg] et autres textes

Social Media – jedenfalls die in Privatbesitz und deshalb gezwungen, Gewinn abzuwerfen – sind schon lange nicht mehr, was sie mal (für mich) waren: ein praktisches Mittel, um mit Befreundeten und Verwandten in Kontakt zu bleiben, die nicht gleich nebenan wohnen. Natürlich ist der Betrieb der Infrastruktur nicht gratis; ein bisschen Werbung kann ich akzeptieren….

Paul Gurk: Tuzub 37. Der Mythos von der grauen Menschheit oder von der Zahl 1

Mit diesem Buch kehrt der Hirnkost-Verlag zurück zu den eigentlichen Wurzeln seiner in unregelmäßiger Abfolge erscheinenden Reihe Wiederentdeckte Schätze der deutschsprachigen Science Fiction, nämlich zu dem, was die ersten vier Bände*) tatsächlich geliefert haben: Science Fiction. Will sagen: Geschichten von zum Zeitpunkt des Erscheinens nur mit bisher unbekannter Technik oder nur unter Einsatz von ins…

Joachim Maass: Der Schnee von Nebraska

Es mag auf Exilliteratur spezialisierte Personen geben, die alle Namen kennen derer, die man dazu rechnet. Aber selbst wenn man, wie das im deutschen Sprachraum oft geschieht, den Begriff einengt auf die deutsch schreibenden Autorinnen und Autoren, die damals vor dem Nazi-Regime zuerst aus Deutschland, dann auch aus Österreich, der Tschechoslowakei etc., geflohen sind –…

Georg Groddeck: Der Mensch als Symbol

Die Tatsache, daß der Mensch männlich-weiblich und kindlich-mannbar ist und daß er im Symbol lebt, können wir benutzen wie ein farbiges Glas, um das Menschenleben zu betrachten. Georg Groddeck Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen. Jean Moréas, 1886 Natürlich hat der Psychoanalytiker und Freud-Schüler…

Maurice Maeterlinck: La vie des abeilles [Das Leben der Bienen]

Nach Romain Rolland gleich ein weiterer bekannter Autor, von dem ich bisher noch nie etwas gelesen habe. Auch er französischsprachig (allerdings stammte er aus Belgien), auch er einer der frühen Empfänger des Nobelpreises für Literatur (sogar noch vor Rolland, nämlich 1911), auch ihn stelle ich nicht mit einem literarischen Text vor sondern mit einem theoretischen…

Ingeborg Bachmann: Anrufung des Großen Bären

Lange bevor ihre Prosa bekannt wurde, war Ingeborg Bachmann schon durch ihre Lyrik berühmt. (Wie überhaupt die 1950er in der deutschen Lyrik, der weiblichen an vorderster Front, eine glänzende Epoche darstellen.) Anrufung des Großen Bären erschien 1956 und ist bis heute einer der bekanntesten Lyrikbände nicht nur Bachmanns, nicht nur jener Zeit, sondern der ganzen…