Lima, 1904: Zwei arme Poeten sitzen in der Dachkammer eines armseligen Wohngebäudes und schauen auf die Strasse. Zu zweit träumen sie von einer Zeit, wo sie nicht mehr verkannte Poeten sein werden, sondern hoch berühmte, anerkannte. Zu zweit schwärmen sie von ihren Lieblingsdichtern, rezitieren Mallarmé und überhaupt alle französischen Symbolisten. Ihr ganz grosses Idol aber…
Schlagwort: Symbolismus
»Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen«. – Jean Moréas, 1886
Paul Scheerbart: Lesabéndio
Arno Schmidt hielt ihn für einen bunten Projekteur mit beschränkter Haftung, Adolf Bartels bezeichnete ihn als den blödsinnigsten aller deutschen Symbolisten, und für Otto Julius Bierbaum war er schlicht ein weiser Clown. […] Für Walter Benjamin war Scheerbart daher ein großer Erdenbürger … der in einer Sprache, die so klar und farblos ist wie Glas…
Christopher Frayling: Vampyres
Vampire… Seit jenem in der Literaturgeschichte zu einem magischen Moment gewordenen Tagen im verregneten, nass-kalten Sommer 1816 – jenem Sommer, ‚der kein Sommer war‘ –, als die vier Freunde Byron, Shelley, Mary Wollstonecraft und John Polidori in der Villa Diodati am Ufer des Genfersees zusammenkamen und beschlossen, sich gegenseitig Gruselgeschichten zu erzählen, sind diese blutsaugenden…
Joris-Karl Huysmans: Die Schule der Satanisten [a.k.a.: Tief unten / OT: Là-bas]
Darstellungen des Bösen, ja verehrende Darstellungen des Bösen, kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in der französischen Literatur, beim Übergang vom Naturalismus zum Symbolismus, in Mode. Bekanntestes Beispiel ist Baudelaire mit seinen Fleurs du mal (1857), auch Lautréamonts Les chants de Maldoror (1874) dürfen nicht vergessen werden. Beide könnte Joris-Karl Huysmans…
Marcel Proust: Les Poèmes – Die Gedichte
Als Lyriker ist Marcel Proust ja nicht gerade bekannt. Und doch haben wir jetzt dieses über 400 Seiten dicke Buch mit seinen Gedichten vor uns. Lohnt sich eine Lektüre von Prousts Gedichten überhaupt? Lohnt sich eine Lektüre dieses Buchs? Die Antwort auf die erste Frage ist ganz klar: Nein. Die Antwort auf die zweite Frage…
August Strindberg: Am offenen Meer [I havsbandet]
Während sich die ersten beiden Bücher, in denen Strindberg das Leben der Schären-Bewohner beschrieb, gut verkauften, war dies beim dritten und letzten ‚Schären-Roman‘ anders. Was nicht erstaunt, denn der Autor war – wenn man so sagen darf – ein anderer. Am offenen Meer erzählt, wie eines Tages ein relativ junger Mann, der Fischerei-Intendent, der die…
Marcel Proust: Das Flimmern des Herzens [Les intermittences du cœur]
Aus den französischen Druckbogen erstmals übersetzt, mit einem Anhang und einem Vorwort versehen von Stefan Zweifel. Berlin: Die Andere Bibliothek, 2017. Ich würde dieses Buch ohne zu zögern in die Kategorie „Bücher, die die Welt nicht braucht“ einordnen, was nicht daran hindert, dass ich es gern gelesen habe und gut finde. Aber im Grunde genommen…
William Gaunt: The Pre-Raphaelite Tragedy
Der englische Kunstkritiker William Gaunt (1900-1980) wurde vor allem bekannt durch seine Bücher über die englische Malerei des 19. Jahrhunderts, und vor allem die über William Turner und die sog. Präraffaeliten. Während einige seiner Bücher (zu Turner oder dem 19. Jahrhundert allgemein) auch auf Deutsch übersetzt worden sind, finde ich bei diesem Buch, dessen Titel…
Villiers de l’Isle-Adam: Der Tischgast der letzten Feste
Wenn es die Bibliothek von Babel des Argentiniers Jorge Luis Borges nicht gäbe, kein Mensch ausser einigen an französischer Literaturgeschichte Interessierten würde Jean Marie Mathias Philippe Auguste Graf von Villiers de L’Isle-Adam (der meist als Villiers de l’Isle-Adam publizierte) heute noch kennen. Dabei war er zu seiner Zeit (er lebte von 1838 bis 1889, meist…
T. S. Eliot: The Poems. Volume I: Collected and Uncollected Poems
Herausgegeben von Christopher Ricks und Jim McCue. London: Faber & Faber, 2015. Thomas Stearns Eliot gehört zu denen, die den Namen ‚poeta doctus‘ wahrlich verdient haben. Und das nicht nur, weil er John Donne und die metaphyischen Poeten des alten England wieder ins Bewusstsein der Literaturkritik und -wissenschaft gerückt hat. Sein Lesevolumen war offenbar riesig….