Hans-Dieter Rutsch: Der Wanderer. Das Leben des Theodor Fontane

BiografInnen essen wahrlich hartes Brot. Zunächst müssen sie, um von ihrer Arbeit leben zu können, ein Thema (sprich: einen Lebenslauf) finden, der genügend Publikum anspricht. Wenn der oder die Biografierte in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist, müssen sie dafür sorgen, dass ihr Buch durch andere Qualitäten genügend auffällt, damit die Literaturkritik es entsprechend rühmt und…

Marek Toman: Die Konditorei Zum Schielenden Jim

Kinder- und Jugendliteratur weist fast immer eine pädagogische Nutzanwendung auf; wird diese zu dick aufgetragen, mag sie den einen oder anderen Erwachsenen vielleicht befriedigen; die Jungen werden – wo und falls sie können – die Lektüre abbrechen oder zumindest solche Passagen überfliegen, wenn anders die Geschichte als solche sich als einigermaßen fesselnd erweist. Die Konditorei…

Johann Gottfried Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. [1791:] Vierter Teil

Vier Jahre liegen zwischen Teil 3 und Teil 4 der Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, mehr als zwischen den anderen drei Teilen zusammen. Schon das weist darauf hin, dass der Autor offenbar mehr und mehr Mühe mit seinem Text, mit seinem Thema bekundete. Ein angedachter fünfter Teil blieb denn auch nach ein paar…

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos

Annette, mit bürgerlichem Namen Anne Beaumanoir, heißt die Heldin des vorliegenden Heldinnenepos. Es gibt sie also wirklich; sie ist 1923 in der Bretagne zur Welt gekommen und fährt unseres Wissens noch heute mit dem Auto durch Frankreich, auf dem Weg zu Vorträgen und Seminaren, aber natürlich auch zum Besuch von Freunden und Verwandten. Sie ist…

Anna Stern: das alles hier, jetzt.

Ich, hier, jetzt. Mit diesen drei Ausdrücken wird das sprachlich-philosophische Zentrum des menschlichen Daseins umrissen – der Ausgangs- und Nullpunkt menschlichen Sprechens und Seins. Ich bin. Ich bin. Ich bin hier. Ich bin jetzt hier. Was immer das Individuum tut oder sagt: Es ist in dem Daseins-Raum verortet, den die drei Wörter ‚ich‘, ‚hier‘ und…

Alphonse Daudet: Aventures prodigieuses de Tartarin de Tarascon [Die wunderbaren Abenteuer des Tartarin von Tarascon]

Tarascon ist eine Kleinstadt im Süden Frankreichs, im so genannten „Midi de la France“. Tartarin ist ihr berühmtester Bürger. Tarascon gibt es wirklich; das Städtchen liegt in der Nähe von Arles und Avignon, am linken Ufer der Rhône. Am andern, dem Westufer, liegt Baucaire, dazwischen gibt es eine Brücke. Baucaire habe ich als durchschnittliche Kleinstadt…

Christopher Marlowe: Die tragische Historie vom Doktor Faustus [The Tragicall History of the Life and Death of Dr Faustus]

Faust ist mehr oder weniger eine Erscheinung des deutschen Sprachraums geblieben – im Gegensatz zum Beispiel zum ungefähr gleich alten Mythos des Don Juan. Nur zwei nicht-deutsche Bearbeitungen des Faust-Stoffs sind mir bekannt. Die eine ist das hier vorzustellende Drama von Christopher Marlowe. Bei der anderen handelt es sich um die Oper von Gounod, die…

Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft und Schriften zur Naturphilosophie

Herausgeber Wilhelm Weischedel hat, anders als es der Titel des 5. Bands seiner Auswahl aus Kants Werken vermuten lässt, die Schriften zur Naturphilosopie (es sind nur deren zwei) vor die Kritik der Urteilskraft gesetzt. Während er also die Bände insgesamt nach Themen geordnet hat, geht er innerhalb eines einzelnen Bands dann chronologisch vor. Ich persönlich,…

Ramon Llull: Die neue Logik [Logica Nova]

Wenn Raimundus Lullus das Wort Logik verwendet, versteht er darunter nicht ganz dasselbe, wie wir es heute in der Philosophie im Allgemeinen tun. Er meint damit auch nicht ganz das, was Aristoteles in seinen Analytiken behandelt. Tatsächlich war der Gebrauch des Wortes in der ganzen mittelalterlichen Philosophie ein teilweise anderer, als er es heute ist;…

George Sand: Ein Winter auf Mallorca [Un hiver au midi de l’Europe]

Eigentlich hatte sie sich das ein wenig anders vorgestellt. Eigentlich nämlich wollte sie sich mit ihren beiden Kindern für die nächsten zwei oder drei Jahre irgendwo im Süden Europas aufhalten. Dort, im milden Klima des Mittelmeers, sollte einerseits der Sohn von seinem Rheuma geheilt werden; andererseits erhoffte sie für sich selber Abstand vom Stress und…