Carl Spitteler: Gustav

Vor etwas mehr als 100 Jahren (1920 rückwirkend für 1919 verliehen) hat mit Carl Spitteler der einzige gebürtige Schweizer den Nobelpreis für Literatur gewonnen (Hermann Hesse, der zweite und bisher letzte Schweizer, der den Preis 1946 erhielt, kam 1877 noch als Bürger des damaligen Deutschen Reichs zur Welt.) Das Werk, für das er besonders geehrt…

Christian Dietrich Grabbe: Don Juan und Faust

Auf den ersten Blick sieht es aus, wie eine sehr gute oder zumindest ziemlich interessante Idee für ein Drama: die Gegenüberstellung der beiden großen männlichen Mythen der Neuzeit: Don Juan und Faust. Hie Don Juan, der schon fast dämonische Frauenverführer, der die Frauen und die Liebe aus dem gesellschaftlich-moralischen Kontext des mittelalterlichen Denkens herausgelöst hat…

Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Band 2.2: Frankfurter Gelehrte Anzeigen vom Jahr 1772 | Kommentar

Ich habe mir gesagt, dass es sich lohnt, einen über 1’000 Seiten starken Kommentarband zu einem fast 600-seitigen Textband separat vorzustellen. Die immense Arbeit, die in diesem Kommentarband steckt, kann ja selbst so kaum den Meriten entsprechend gewürdigt werden. Immerhin wurde bei jeder der rund 400 Rezensionen der Frankfurter Gelehrten Anzeigen, Jahrgang 1772, die Urheberschaft…

Xaver Bayer: Geschichten mit Marianne

In 20 kurzen Kapiteln beschreibt der Ich-Erzähler sein Leben mit Marianne, einer offenkundig selbstbewussten, humorvollen Frau. Die Kapitel sind in sich abgeschlossen (weshalb Marianne auch mehrmals das Zeitliche segnen kann), muten skurril und absurd, versuchsweise kafkaesk an. Die Alltagswelt kippt ins Groteske, Albtraumhafte, einiges erinnert an Stephen King, vor allem die phantastisch-beklemmenden Wendungen, die die…

Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Band 2.1: Frankfurter Gelehrte Anzeigen vom Jahr 1772 | Text

Lange klaffte zwischen Band 1 (2012 erschienen, zeitnah hier vorgestellt) und Band 3 (ebenfalls 2012, ebenfalls zeitnah, hier zu finden) der bei Wallstein erscheinenden kritischen Ausgabe der Gesammelten Schriften von Johann Heinrich Merck eine empfindliche Lücke: Band 2, der Mercks Beiträge für die Frankfurter Gelehrten Anzeigen des Jahres 1772 bringen sollte – des einzigen Jahres,…

Ian Fleming: Chitty Chitty Bang Bang

007 hat mir nie viel gesagt – weder als Buch noch als Film. Dabei verbindet man den Namen des Autors Ian Fleming wohl zuallererst mit dem Agenten im Dienste Ihrer Majestät, der das Unmögliche möglich zu machen pflegte. Ich für meinen Teil habe aber nur, wenn ich mich recht erinnere, als Jüngling über / mit…

Robert Musil: In Zeitungen und Zeitschriften II. Unselbständige Veröffentlichungen 1922-1924

Langsam ziehe ich die Seriosität der neuen, sich als „kritisch“ anpreisenden Musil-Gesamtausgabe in Zweifel. Sie wollte eine kritische sein, ein Hybrid-Ausgabe allerdings – will sagen: Der Text wird vom Verlag Jung und Jung in Buchform geliefert, die kritischen Ergänzungen und Bemerkungen sollten auf der Internetseite musilonline.at auffindbar sein. Unterdessen ist es so, dass der Editionsplan…

Immanuel Kant: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik

Aus dem Titel des letzten Bandes der Studienausgabe in 6 Bänden, herausgegeben von Wilhelm Weischedel, könnte man auf ein gewisses Sammelsurium an Inhalten schließen. Das stimmt in hohem Maß sogar; andererseits enthält dieser letzte Band doch noch einige der bekanntesten Schriften Immanuel Kants zu diversen Themen. Es beginnt allerdings mit einem weniger bekannten Aufsatz, nämlich…

Johann Nestroy: Der böse Geist Lumpazivagabundus

Nestroy wollte ich schon länger einmal hier vorstellen. Nun hat sich die Gelegenheit ergeben, dass ich zwischen zwei dickeren Büchern einen kürzeren Text einstellen kann; zugleich habe ich gerade in Jens Malte Fischers Kraus-Biografie wieder davon gelesen, wie Karl Kraus nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Nestroy wieder in Schwang gebracht hat –…

Sam Harris: Das Ende des Glaubens

Harris gehört zu den bekanntesten Atheisten und wird gerne in einem Atemzug mit Richard Dawkins, Daniel Dennett oder Christopher Hitchens genannt. Das vorliegende Buch erreichte enorme Auflagezahlen, ist aber auf verstörende Weise intellektuell inkonsistent, was wohl auch einer philosophischen Selbstüberschätzung des Autors geschuldet ist. Im ersten Teil kritisiert Harris die beiden großen Buchreligionen Christentum und…