Warum ich ein Glossarium, also ein Wörterbuch, bandweise von vorn nach hinten lese, habe ich in meinen Ausführungen zum ersten Band von Sprengs Glossarium bereits geschrieben. (Eigentlich „lese“ ich ja nicht. Ich blättere, lasse meine Augen über durch die Spalten schweifen, und wenn mir ein Wort als interessant auffällt, lese ich den Eintrag. Und natürlich lese ich viel mehr, als ich hier rapportiere.) In meinen Ausführungen zum ersten Band steht auch alles Nötige zur Entstehungs- und Publikationsgeschichte dieses Werks. Das werde ich also nicht mehr wiederholen.
Deshalb gleich zu den Leckerbissen von Band 5:
Macht, männliches Glid, Mannheit; virilia, virilitas (deut. Kolumn. u. And.) s. Gemächte
Da bekommt doch der famose Abschiedsgruß der Jedi gleich einen ganz anderen Sinn …
Dann ein paar Bemerkungen des Sprachpuristen Spreng:
Mönch, sagt Herr J. L. Fisch, soll man schreiben und nicht Münch, denn dises seÿ veraltet. Es ist aber umgekehrt: Mönch oder Monik ist veraltet, und Münch ist in der neuern gereinigten Schreibart angenommen.
Für einmal irrt hier der Sprachreiniger. Das hindert Spreng nicht daran, sich sogar mit dem großen Martin Luther anzulegen und ihm Sprachfehler zuzuschreiben:
♀Ottergezüchte, für Otternbrut oder Natternbrut; progenies viperarum: denn junge Schlangen und Natern seÿn keine Zucht, sondern eine Brut. Darwider fehlte Luter in s. deut. Übers. der Bibel, und die seine Worte ohne Überlegung gebrauchen. Ebenso lächerlich haben einige unserer Dichter für Leuenzucht, um des lieben Reims willen mit Wut, eine Leuenbrut erdacht.
Mit dem Folgenden hat sich Spreng zwar auch nicht durchgesetzt, aber ich finde, dieses Wort könnte man heute wirklich wieder einführen:
*Quellkündiger, heisßt in der Sprachlehre ein Wortforscher; etymologus.
Und auch dieses Wort wäre eine (Wieder-?)Einführung wert:
quurkhalsen, sich würgen, als Einer, dem etwas im Halse steckt, welches er gerne von sich geben will; vomitum conari. (Richeÿ.)
Das bringt uns zwanglos zum nächsten Thema. Nämlich: Zu den Gefahren, die den Biertrinkern in Sprengs Zeit drohten, hatten wir es zwar schon in einem anderen Band einmal ein Wort gefunden; hier aber noch eine Steigerung:
Mord und Totschlag, heisßt das Bier, welches zu Kÿritz, einem brandenburgischen Städtchen, gebraut wird. Den Namen hat es entweder daher, weil es sehr ungesund ist, oder so leicht und grimmig berauschet, daß man vor den Trunkenen, wie wenig sie auch davon genossen, seines Lebens nicht sicher ist. (Brückmann)
Nun ist es tatsächlich so: Das Trinken von Bier war zu Sprengs Zeit kein ungefährlicher Genuss. Solche Darstellungen wie diese hier, sind wohl nicht einfach frei erfundene Anekdoten. Obwohl es uns die Werbung heute glauben machen will, gab es ein eigentliches, einheitliches Deutsches Reinheitsgebot für Bier nie (und gibt es heute noch keines – jedenfalls nicht unter diesem Namen). Verschiedene Städte oder Regionen kannten aber (zum Teil seit dem Mittelalter) Vorschriften, was den Inhalt eines Braubottichs betraf – andere nicht. Und wo man frei war, ins Bier zu rühren, was einem gerade so unterkam, kam es wohl auch vor, dass Kräuter eingemischt wurden, die der menschlichen Gesundheit nicht unbedingt zuträglich waren. Was ja letzten Endes der Grund war, warum die verschiedenen Reinheitsgebote überhaupt eingeführt wurden.
Und beim Alkoholgenuss liegt der Übergang zum nächsten Thema schon fast auf der … na ja, bleiben wir bei: Hand.
nollen; ruere in venerem. So der Wallfisch nollen will, streckt er den Zumpel heraus. – Die Wallfisch nollend gleÿch anderen Tieren, ja nit ungleich dem menschen. (Gesßn. Fischb. Bl. 87.b. und 88.a.)
Also, vor allem den ersten Satz finde ich ja ungeheuer süß …
Das hier dann ist nicht, was es auf den ersten Blick zu sein scheint:
Omi-land, (Nordengl.) milder und mürber Ackergrund. ((BAILEY.) Vergl. mit Om, pus
Aber vielleicht ist ja Omi-Land ein Ackergrund, der so mürbe ist, dass auch Omis ihn leicht bearbeiten können?
Verblüfft war ich darüber, dass ich unter M sehr viele Begriffe zur Mathematik fand. Gut, eigentlich müsste ich besser sagen: zur Arithmetik, indem Spreng ein paar Zahlbegriffe definiert hat.
Alles in allem: Auch in diesem Band konnte ich mich amüsieren.
Heinrich Löffler (Hg.): Johann Jakob Spreng: Allgemeines deutsches Glossarium. Ein historisch-etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Band 5. M – Q. In Zusammenarbeit mit Suzanne de Roche, unter Mitarbeit von Willy Elmer, Mathilde Gyger, Christof Meissburger und Michael Saave (Transkription), sowie Gabriel Schaffter (Recherche, Koordination). In Verbindung mit der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Basel unter der Leitung von Ueli Dill. Basel: Schwabe, 2022.