Bemerkungen zu „Ian Hacking: Was heißt soziale Konstruktion? Zur Konjunktur einer Kampfvokabel in den Wissenschaften.“

Konstruktivismus, Konstruktionismus, soziale Konstruktion von … tatsächlich entwickelte sich ab den 70ern alles, was „konstrukt“ im Namen führte, zu einer Kampfvokabel. Dabei ging es zwar zu Anfang um wissenschaftsmethodologische Überlegungen, später jedoch hat vor allem die Soziologie sich dieses Begriffes bedient und aus dieser Verquickung resultierten häufig abenteuerliche Ideen, deren Seltsamkeiten aus (un-)gewollten Unklarheiten in…

Menschheitsdämmerung

Anthologien, also Sammlungen von Texten verschiedener Autoren, kann man grob in zwei Kategorien einteilen: Da sind die Anthologien, die Texte zu einem bestimmten Thema vereinen. Häufig werden diese Texte von der Herausgeberschaft mit eigenen Überleitungen eingeführt, kommentiert. Sie dienen oft universitärem Gebrauch, als Reader für ein- oder weiterführende Veranstaltungen zu eben diesem Thema. Seltener verwendet…

Michel de Montaigne: Essais. Livre premier

Kann man Michel de Montaignes Essais so hintereinander weglesen, wie er sie veröffentlicht hat? Doch , halt – nein! So gestellt, ist die Frage sinnlos, denn mein Beispiel zeigt, dass man es kann. Die Frage sollte vielmehr lauten: Ist es zweckmäßiger, die Essais selektiv zu lesen, immer mal wieder den einen oder anderen hervorzusuchen, je…

Samuel Lublinski: Die Entstehung des Christentums aus der antiken Kultur

Curiosa In diese Abteilung meiner Bibliothek gehört vorliegendes Buch. Schon als Student las ich sehr gerne Bücher, die die Entstehung von irgendetwas aus irgendetwas anderem mehr oder weniger wissenschaftlich herleiten – sei es der Welt, sei es eines bestimmten Aspekts dieser Welt. Das können systematische Geschichtsentwürfe sein oder sonstige Versuche, Phänomene menschlichen Daseins zu erklären….

Xenophon: Hellenika

Damit, dass er seinen Text anfangen lässt mit Danach, wenige Tage später […] (zitiert nach der Übersetzung von Gisela Strasburger) signalisiert Xenophon, dass er genau dort fortfährt, wo Thukydides, wohl durch seinen Tod, seine nachträglich Peloponnesischer Krieg genannte Schrift abgebrochen hatte – sieben Jahre vor dem Ende eben dieses Kriegs. Der lateinische Titel Hellenica (=…

John Milton: Paradise Regained [Das wiedergewonnene Paradies]

1671, vier Jahre nach Paradise Lost, erschien Paradise Regained. Es ist mit nur vier Büchern bedeutend kürzer als sein Vorgänger. Das Ganze erweckt im Leser den Eindruck, als hätte John Milton noch ein Schwanzstück (wie Jean Paul sagen würde) zu Paradise Lost verfasst. Auch in Paradise Regained verwendet er den epischen Blankvers, und auch hier…

Joris-Karl Huysmans: Lourdes. Mystik und Massen

Wenn es einen gibt, der niemals den Wunsch gehabt hat, Lourdes zu sehen, dann bin ich es. Mit diesem Satz beginnt in meiner Ausgabe das erste Kapitel des Berichts über seinen Besuch in Lourdes – denn den Besuch hat Huysmans dann trotzdem gemacht und sogar einen Bericht im Anschluss verfasst. Der Autor gibt gleich nach…

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes

Noch zu seiner Zeit in Jena konzipiert, stellt Hegels Phänomenologie des Geistes dessen ersten Versuch dar, sein Denken in systematischer Form nieder zu legen. Und wenn wir „Hegels Denken“ sagen, so meinen wir – oder meint zumindest Hegel selber – auch schon in dieser frühen Schrift das Denken des Weltgeistes. Denn die schon in dieser…

Bertolt Brecht: Herr Puntila und sein Knecht Matti

Entstanden im finnischen Exil Brechts, nach einer Vorlage der finnischen Dichterin Hella Wuoliijoli (bei der er sich 1941 aufhielt), Handlungsort ebenfalls Finnland, irgendwo in der Provinz. Uraufführung dann nach dem Krieg, 1948 in Zürich. Neben der finnischen Vorlage sind sicher auch Denis Diderots Fatalist Jacques und sein Herr in die Konzeption eingeflossen. Denn die Konstellation…

Tommaso Campanella: Sonnenstaat [La Città del Sole / Civitas Solis]

Campanellas Utopie findet man in der Rezeptionsgeschichte – wo sie denn überhaupt rezipiert wird – auch sinngemäß als „Produkt einer überhitzten Phantasie eines Mönchs“ apostrophiert. Damit wird angespielt auf den Umstand, dass Campanella ein Dominikaner war, der nach einer gescheiterten Revolte, an der er sich beteiligt hatte, lange Zeit im Kerker saß und offenbar auch…