Wilhelm Raabe: Fabian und Sebastian

Still und leise hat der Wallstein Verlag letztes Jahr mit dem vorliegenden Band eine neue Raabe-Werkausgabe angefangen. Sie wird als kritisch kommentiert angezeigt. Nun weiß ich allerdings nicht genau, was damit gemeint sein könnte. Ich vermute, es sind die recht ausführlichen, oft ins Literaturkritische (besser: Literaturwissenschaftliche) ausholenden Anmerkungen des Herausgebers Moritz Baßler gemeint. Eine eigentliche…

Daniel Casper von Lohenstein: Sophonisbe

Lohenstein war so etwas wie die bête noire der deutschsprachigen Literaturpäpste der frühen Aufklärungszeit – ob die nun in Zürich oder in Leipzig residierten. Woran das liegt, kann oder will selbst Rolf Tarot, Herausgeber meiner vorliegenden Sophonisbe-Ausgabe (dazu siehe unten) und anerkannter Spezialist für die deutsche Literatur des Barock unter besonderer Berücksichtigung der Trauerspiele, nicht…

Johann Jakob Bodmer / Johann Jakob Breitinger: Schriften zur Literatur

Bodmer / Breitinger sind so etwas wie die siamesischen Zwillinge der Geschichte der deutschen Literatur. Fast immer werden sie zusammen erwähnt (und wenn einer alleine, ist es vorwiegend Bodmer). Sie haben tatsächlich auch sehr viel – vor allem literatur- und kunsttheoretische – Texte zusammen geschrieben. Beide waren von Haus aus Theologen, widmeten sich aber bald…

André Chénier: Poésies

Poésies: Das sind Dichtungen, also Lyrik, im vorliegenden Fall eines relativ Unbekannten, denn André Chénier (auch: André de Chénier) gehört nicht gerade zu den Autoren, die man üblicherweise im französischen (Schul-)Kanon antreffen wird, wage ich zu behaupten. Das hat verschiedene Gründe, die ich im Folgenden kurz aufzählen werde. Zunächst einmal ist André Chénier, anders als…

Oskar Loerke: Der Oger

Als erstes möchte ich meiner Freude Ausdruck geben darüber, dass es noch immer Institutionen gibt, die dafür besorgt sind, dass auch ältere Literatur jenseits des gerade gültigen Kanon wieder aufgelegt und so neuen Generationen zugänglich gemacht wird. Und meiner Freude darüber, dass es noch immer Verlage gibt, die (auch) solche Werke auf den Markt bringen….

Marcel Proust: Die fünfundsiebzig Blätter und andere Manuskripte aus dem Nachlass [Les soixante-quinze feuilles et autres manuscrits inédits]

Was mich an den fünfundsiebzig Blättern am meisten irritiert, ist nicht deren Inhalt sondern deren Überlieferung. Genauer: die Reaktion von Literaturwissenschaft und -kritik auf die Art und Weise, wie die Blätter auf uns gekommen sind. Noch genauer: deren Nicht-Reaktion. Folgendes nämlich ist geschehen, gemäß einer Vorbemerkung ohne Titel auf Seite 7 meiner Ausgabe: 1949 betraute…

Friedrich Glauser: Gourrama

Als sein »Schmerzenskind« hat Glauser seinen Roman über die Fremdenlegion bezeichnet, aber auch als »einzige Sache, zu der ich stehen kann«. Glauser, den die eigenen Erfahrungen in der Legion nie losließen, schrieb auch nach Erscheinen ganze Teile des Werkes neu. Text auf hinterem Buchdeckel meiner Ausgabe; Verfasser:in unbekannt Damit ist schon fast alles über diesen…

Stéphane Mallarmé: Poésies et autres textes

Wer sich mit der Lyrik des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt, kommt um Stéphane Mallermé nicht herum. Zusammen mit Baudelaire (der eine Generation älter war), Verlaine und Rimbaud gehört er zu jenen, die der etwas verstaubten Lyrik des 19. Jahrhunderts neues Leben einhauchten. Und das gilt nicht nur für die französische Lyrik – auch ein Rilke oder…

Volker Gerhardt / Matthias Weber / Maja Schepelmann (Hrsg.): Immanuel Kant 1724-2024. Ein europäischer Denker

Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich, könnte man sagen, um eine Festschrift zu Immanuel Kants 300. Geburtstag, der 2024 gefeiert werden kann. Das Buch ist also im Grunde genommen zu früh erschienen; das war aber, so die Herausgeberschaft, Absicht. Man wollte eine Diskussion um die in diesem Buch vertretenen Thesen entfachen, die dann 2024…

Hermann Diels: Die Fragmente der Vorsokratiker

Hermann Diels ist mit diesem einen Buch berühmt geworden – jedenfalls unter den PhilosophInnen, PhilosophiehistorikerInnen und AltphilologInnen an den deutschsprachigen Universitäten. Sein Ruhm muss allerdings über Deutschland hinausgegangen sein; vor mir liegt ein Reprint der ersten Auflage dieses Werks von 1903, die von der Cambridge University Press so spät wie 2019 in ihrer Reihe Cambridge…